Volle Kassen, viel Streit

Die Rektoren wollen Professoren, die Studis lieber Bücher. Die reich gewordenen Unis haben Probleme, wenn sie ihre Studiengebühren ausgeben wollen – weil viele Vorschriften unklar sind

VON MIRIAM BUNJES

Die Studierenden der Uni Duisburg-Essen feierten gestern ihren Erfolg: Statt in angebaute Seminarräume fließen ihre Studiengebühren in die Bibliothek: In neue Bücher und längere Öffnungszeiten. „Das hat uns das Rektorat zugesagt“, sagt Marcel Winter, studentisches Senatsmitglied. „Und das ist bei unseren Entscheidungsstrukturen nicht selbstverständlich.“ Tatsächlich ist die Kommission für Lehre, Studium und Weiterbildung der Uni zwar paritätisch mit Wissenschaftlern und Studierenden besetzt – sie darf aber nur beraten. „Das ist undemokratisch“, sagt Winter. „Schließlich geht es um unser Geld.“

Und dieses studentische Geld ist mehr, als die Hochschulen in NRW seit Jahrzehnten zur freien Verfügung hatten. 10 Millionen Euro sind das im Falle der Uni Duisburg-Essen. Rund 320 Millionen Euro sind es für alle Hochschulen NRWs zusammen. Heißt: Die freien Euros haben sich verdoppelt.

Wie dieses Geld verwendet werden soll, ist im ganzen Land heiß umstritten. „Wir müssen unglaublich aufpassen, dass die Gebühren nicht für die Grundversorgung ausgegeben wird“, sagt Julia Schmidt vom Fachschaftsrat Gesellschaftswissenschaften der Uni Duisburg-Essen. „Wenn die Studierenden zulassen, dass mit ihrem Geld Gebäude saniert und Professoren bezahlt werden, machen wir nur dem Finanzminister eine Freude.“ Künftige Studigenerationen müssten dann mit dreimal so hohen Gebühren rechnen. „Das Land zieht sich mit Freude aus der Grundfinanzierung zurück.“

Die Unileitungen sehen das anders. Bernhard Stöckert, Prorektor der Ruhruniversität Bochum will den neuen Reichtum freier ausgeben – für Hochschullehrer. „Wir brauchen keine kleinliche Vorrechnerei, sondern eine Kultur des Vertrauens.“ Mehr Profs durch Studiengebühren forderte vor einigen Wochen auch der Deutsche Hochschulverband, die Vertretung der Professoren.

Bislang ist eine volle Professorenstelle auf der Basis von Studiengebühren nicht möglich. Hochschullehrer dürfen zu 50 Prozent aus Studiengebühren bezahlt werden, so dass Hochschulfreiheitsgesetz von Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). Denn die Gebühren sollen die Lehre verbessern. Und da Professoren zur Hälfte lehren und zur Hälfte forschen sollen, müssen sie für die Forschungshälfte der Stelle anderes Geld verwenden. Eine solche Professur hat keine einzige Uni eingerichtet. Nur die Uni Aachen und die Uni Dortmund haben je eine „Lecturer“-Stelle geschaffen, auf der die Dozenten vor allem lehren.

Mehr Lehre wünschen sich auch die Studierenden. In den Gebührenverwendungsgremien, die alle Universitäten eingerichtet haben, sahen die Studierenden vor allem das als „verbesserte Studienbedingung“ an. An der Uni Aachen, die ihre Studierenden anders als die Duisburger mitentscheiden lässt, wird ein großer Teil der Campusmaut für Tutorien, Lehraufträge und Semestereinführungen ausgegeben. Die Uni Paderborn hat ein Mentoring-Konzept aus den Gebühren entwickelt und stellt fortgeschrittene Studierende auf Hilfskraftbasis für die Betreuung der unteren Semester ein.

Anders lassen sich zur Zeit sowieso keine zusätzlichen Lehre-Stellen einrichten. Denn: Selbst wenn NRW sein Gebührengesetz so verändert, dass volle Professuren möglich werden – das Verhältnis von Professoren und Studierenden kann sich nicht verbessern. Die so genannte Kapazitätsverordnung der Länder aus den 70er Jahren schreibt vor, dass mit jedem Professor auch die Zahl der zu vergebenden Studienplätze zunehmen muss. „Der Betreuungsschlüssel bleibt also gleich schlecht“, sagt Julia Schmidt. Die Duisburger Studierenden wollen also weiter auf Lehraufträge setzen – und darauf, dass die Unileitung ihre Vorschläge auch umsetzt. „Seit in Bielefeld und Siegen Klagen gegen Studiengebühren durchgekommen sind und die Unis jetzt gar keine Gebühren mehr verwenden können, ist der Respekt uns gegenüber gestiegen“, sagt sie.