Sie sollen in der Familie bleiben

BRAUSE II RB Leipzig buhlt weiter um Spieler des Red-Bull-Partnervereins aus Salzburg – vor allem um Spielmacher Kevin Kampl

LEIPZIG taz | Viele Neuigkeiten, die Ralf Rangnick in letzter Zeit produzierte, waren eigentlich gar keine Neuigkeiten. Zunächst kündigte der Sportdirektor der Red-Bull-Klubs aus Salzburg und Leipzig an, dass er sich bei einem Bundesliga-Aufstieg der Sachsen nicht mehr um den Partnerverein Salzburg kümmern werde. Nun schob der Schwabe nach, dass auch die besten Spieler des österreichischen Meisters kaum zu halten seien – aber konzern-intern wechseln könnten.

Dass Red Bull Salzburg und vor allem die österreichische Bundesliga nicht Endstation großer Fußballer-Ambitionen sein dürften, wurde schon länger vermutet. Spätestens seit 2009. In dem Jahr stieg Red Bull auch im deutschen Fußball ein und installierte Leipzig als Standort.

Überraschend ist dagegen, in welcher Deutlichkeit Rangnick sich zuletzt positionierte. Der 56-Jährige gewährte einer österreichischen Mediendelegation in Leipzig einen Blick in die Zukunft: Er präsentierte das für 35 Millionen Euro entstehende Trainings- und Nachwuchszentrum, er gab Auskunft über die strukturellen Pläne. So werden die Salzburger Leistungsträger André Ramalho und Kevin Kampl den österreichischen Meister, der im Sommer im siebten Versuch an der Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League scheiterte, spätestens im kommenden Sommer sicher verlassen.

Auch Verteidiger Martin Hinteregger und Torhüter Peter Gulacsi sind Wechselkandidaten. Und die jungen Flügelspieler Massimo Bruno und Marcel Sabitzer wurden im Sommer mit einigen Nebengeräuschen auch nur intern ausgeliehen, sie gehören offiziell Leipzig. „Wenn wir die Uhr zurückdrehen könnten, würden wir es so nicht mehr machen. Daraus haben wir gelernt“, diktierte Rangnick den österreichischen Journalisten.

Der Senegalese Sadio Mané wollte auf den sinnvollen Schritt nach Leipzig nicht mehr warten. Zu Saisonbeginn, kurz vor dem entscheidenden Champions-League-Quali-Spiel gegen den schwedischen Meister Malmö FF, flüchtete er hastig aus Salzburg, doch ein Wechsel innerhalb der „Red-Bull-Familie“, von der Rangnick gerne spricht, kam für Mané nicht infrage. Zu einem Zweitligisten wollte der 22-jährige Angreifer, der nun beim englischen Überraschungsteam FC Southampton spielt, nicht wechseln. Umso mehr soll Leipzig für Ramalho, Kampl und die anderen ein denkbarer Abnehmer werden. Doch auch das dürfte nur unter der Bedingung klappen, dass die Mannschaft von Trainer Alexander Zorniger den bisher zwei Aufstiegen in Serie einen dritten folgen lässt.

Zorninger zweifelt

Doch Zorniger betonte zuletzt mehrfach, man sollte nicht fest von einem sofortigen Durchmarsch ausgehen. Die letzten Spiele geben dem Zweifler recht: Nach anfänglicher Euphorie wird der Aufsteiger gerade geerdet, die Gegner lassen sich durch das hohe Pressing nicht mehr überrumpeln und schaffen es, Leipzig zuzusetzen. Vor allem das Spiel im eigenen Ballbesitz bereitet Leipzig zurzeit Sorgen.

Insofern breitet Zorniger vor allem dem Spielmacher Kevin Kampl den roten Bullen-Teppich aus. Er würde die Spielphilosophie kennen und mit seinen gerade 24 Jahren noch gut ins Altersschema passen, man wäre „ja schon blöd“, ihn nicht zu locken. Es bleibt abzuwarten, wie weit die Identifikation mit der „Red-Bull-Familie“ bei Kampl und Co. wirklich geht.

Rangnick betonte bislang stets, dass Salzburg nie zum Ausbildungsverein degradiert werden solle: „Und wenn, dann für uns selbst“, präzisiert er. Erst wenn Leipzig im deutschen Oberhaus spielen würde, wäre diese interne Verwertungskette wirklich ganz vollendet.

JOHN HENNIG