Eine Echthaarperücke als Lösung

Auch wenn Kopftuchträgerinnen auf Baskenmützen umsteigen, können sie das Neutralitätsgebot an Schulen gefährden – urteilte jetzt das Düsseldorfer Arbeitsgericht. NRW-Juristen plädieren neuerdings für künstliche Haare

DÜSSELDORF taz ■ Baskenmützen können so missionarisch wirken wie Kopftücher. Perücken hingegen, wenn sie aus Echthaar bestehen, sind neutral. So sah es am Freitag zumindest das Düsseldorfer Arbeitsgericht. Weil die Schulsozialarbeiterin Ayse A. aber nicht bereit war, ihre Baskenmütze gegen eine Perücke auszutauschen, klagte sie erfolglos gegen ihre Abmahnung.

Die Muslimin türkischer Herkunft arbeitet an einer Düsseldorfer Gesamtschule. Ihr wurde mit der Kündigung gedroht, weil sie trotz Kopftuchverbots für Lehrerinnen in NRW im Herbst 2006 mit einer Baskenmütze in die Schule ging. „Ich fühle mich ohne Bedeckung nicht angezogen“, erklärte die Klägerin beim ersten Gerichtstermin im Februar.

Bei der zweiten Sitzung am vergangenen Freitag war Ayse A. nicht persönlich anwesend. Telefonisch ließ sie über ihren Anwalt ausrichten, dass sie in der Echthaarperücke nicht mehr oder weniger Bekundung sehe als in ihrer Baskenmütze – und lehnte die Kompromissvorschlag des Gerichts ab. Dafür wurde ihre Klage abgewiesen: Die Baskenmütze bedeute keine konkrete Gefahr, sondern eine abstrakte Gefährdung des Neutralitätsgebots, begründete die Vorsitzende Richterin Heike Menche das Urteil.

In der laizistischen Türkei soll das Tragen von Haarersatz in öffentlichen Gebäuden bei gläubigen Muslima bereits Usus sein. In NRW wurde die Echthaarperücke zum ersten Mal vom Verwaltungsgericht Düsseldorf ins Spiel gebracht. Im Juni stritt dort eine Duisburger Referendarin für ihre Einstellung als Beamtin auf Probe. Doch weil sich die Muslimin auf die Perücke nur einlassen wollte, „wenn sie auch die Ohren verdeckt“, wurde die Möglichkeit wieder zurückgezogen – und ihre Klage abgewiesen.

Die fünf Pädagoginnen aus NRW, die zurzeit vor Gericht für ihr Kopftuch streiten, berufen sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Gleichbehandlung der Religionen anmahnte. Man habe aber nach intensiver Recherche im ganzen Land nur zwei unterrichtende Nonnen gefunden, sagte der Anwalt der Bezirksregierung, Martin Schenz: „Und eine davon unterrichtet an einer Sehbehindertenschule.“ Die Gleichbehandlung der Religionen sei deshalb nicht gefährdet, so Schenz zur taz. Die Perücke sieht er als echten Kompromiss: „Wir sollten grundsätzlich darüber nachdenken.“ NATALIE WIESMANN