Ukraine gerät wegen MH 17 unter Druck

FLUGZEUGABSCHUSS Schwere Vorwürfe gegen die Flugsicherung. Laut einem Experten hätte der Luftraum über dem Osten vollständig gesperrt werden müssen. Opferanwalt sieht Überfluggebühren als Grund

MÜNCHEN afp | Die ukrainische Flugaufsicht hätte laut einem Experten den Luftraum über dem Osten des Landes vor dem mutmaßlichen Abschuss von Flug MH17 komplett sperren müssen. Der Abschuss einer Antonow-Militärmaschine in 6.500 Metern Höhe drei Tage zuvor sei „nur mit schweren Flugabwehrraketensystemen“ möglich gewesen, sagte Siemon Wezeman vom Stockholmer Institut für Friedensforschung (Sipri) mehreren Medien laut einer Mitteilung vom Mittwoch. Diese größeren Raketensysteme würden „normalerweise ohne Probleme Höhen zwischen 10.000 und 13.000 Metern“ erreichen.

Die Boeing 777 der malaysischen Fluglinie Malaysia Airlines war am 17. Juli in rund 10.000 Metern Höhe über von prorussischen Separatisten kontrolliertem Gebiet in der Ostukraine mutmaßlich abgeschossen worden. Alle 298 Insassen wurden getötet, davon 193 Niederländer. Die ukrainische Regierung und mehrere westliche Staaten beschuldigen Russland, durch die Lieferung von Raketenabwehrsystemen an die Separatisten indirekt für die Katastrophe verantwortlich zu sein. Russland hingegen sieht die Schuldigen stattdessen in den Reihen der ukrainischen Armee.

Wezeman sagte der Süddeutschen Zeitung, dem WDR und dem NDR sowie einem niederländischen Rechercheverbund, es sei verwunderlich, „warum die ukrainischen Behörden den Luftraum in der Region nicht komplett gesperrt haben“ und nach dem Abschuss der Antonow nur eine Teilsperrung des Luftraums bis zu einer Höhe von 9.750 Metern veranlasst worden sei.

Der Anwalt Elmar Giemulla, der Hinterbliebene deutscher Opfer des Absturzes vertritt, äußerte gegenüber den beteiligten Medien den Verdacht, dass die Ukraine nicht auf Überfluggebühren habe verzichten wollen. Diese nannten Summen von bis zu zwei Millionen Euro täglich.