berliner szenen Wal vom Biohof

Ewige Fleisch-Debatte

Zum Grillen eingeladen gewesen und was zum Trinken und zum Brutzeln gekauft. Außerdem einen üppigen Salat für alle gemacht. Als ich die Schüssel im Park öffne, geht ein anerkennendes Raunen über die Picknickdecke. Während Uta im Salat rumrührt und betont, wie lecker der aussehe, packe ich schnell mein restliches Essen aus. Das Ablenkungsmanöver scheint zu funktionieren. Nur Kai mit der Grillzange im Gürtel entgeht nichts. Er stellt fest: „Sojaschnitzel.“

Ich komme vom Land. Wenn ich da Soja und Tofu auspackte, musste ich erklären, dass ich das erstens freiwillig esse und zweitens auch als Vegetarier durch den Winter komme. Hier aber muss im Angesicht meiner Sojaschnitzel jeder um mich herum erklären, dass er erstens auch superwenig Fleisch isst und zweitens schon lange darüber nachdenkt, bald ganz aufzuhören. Oder: Bis vor kurzem noch vegan gelebt hat. Das sagt Kai jetzt: „Das heißt auch ohne Eier, ohne Milch, also quasi ohne alles.“ Dabei schaut er Uta vorwurfsvoll an, die gerade in ein Würstchen gebissen hat und offensichtlich Hemmungen hat loszukauen. Ich bekomme beinahe Mitleid mit ihr und versichere schnell, dass sie ruhig neben mir Wurst essen kann, von mir aus auch einen ganzen Wal. Das findet dann wieder keiner witzig, weil die ja am Aussterben und irgendwie süß sind. Leider ist die Fleisch-Ja/Nein-Debatte jetzt unweigerlich eröffnet. Uta meint, man könne ruhig Fleisch essen, wenn es vom Biohof kommt. Kai meint, im besten Fall habe man eine glückliche Kuh auf grüner Wiese selbst erlegt, und Lars beginnt seine Sätze mit: „Als ich Zivi bei ‚Tiere in Not‘ gemacht habe …“ Derweil freu ich mich auf den Winter, denn fleischlos beladene Raclettepfännchen fallen einfach weniger auf. LENA HACH