Stadt-Derby auf dem Nebenplatz

FUSSBALL-REGIONALLIGA Braunschweiger Lokalderby mit spielerisch ausbaufähigem Ergebnis

Der Kader besteht aus Neulingen, viele stammen aus der eigenen Jugend.

Uwe Walther ist bedient. Aber nicht wegen der 1:2-Pleite, die sein Team gerade in der Regionalliga Nord bei der Reserve von Eintracht Braunschweig kassiert hat. Denn Niederlagen ist man bei Schlusslicht FT Braunschweig gewöhnt. Der Aufsteiger hat von 20 Partien 15 verloren.

Was den Trainer der Turner viel mehr aufregt, ist der Platzverweis für sein Team: „Niemals eine Rote Karte! Das hat das Spiel stark beeinflusst“, sagte Walther. Dabei hatte alles so gut angefangen. Philipp Stucki schoss die Braun-Weißen im Stadt-Derby nach vier Minuten in Führung. Doch erst gelang der Eintracht das 1:1, dann sah Marco Behrens für eine Grätsche gegen die Profi-Leihgabe Jan Hochscheidt Rot. Gut zehn Minuten vor dem Ende erlöste Marcel Bär mit dem 2:1 die kleinen Löwen – und verpasste den Gästen den nächsten Tiefschlag. „Die Spieler von der FT sind topfit, können laufen und marschieren“, lobt Eintrachts Coach Henning Bürger, einst Profi in Nürnberg, Frankfurt und bei St. Pauli, den Stadtrivalen.

Der wird das gerne hören, aber er kennt das schon: Es gibt Lob, aber keine Punkte. „Es tut mir echt leid für die Jungs, sie haben alles gegeben. Ich bin stolz auf die Truppe“, erklärt Walther. Der 47-Jährige ist ein FT-Urgestein, hat selbst für den Verein gespielt, ehe er auf die Trainerbank wechselte. Doch auch für ihn ist die Regionalliga Neuland. Vor zwei Jahren hat das Team noch in der sechstklassigen Landesliga gekickt.

Die Geschichte des Klubs ist bewegt, gegründet wurde er 1903 als Arbeiterturnverein, 1933 verboten ihn die Nationalsozialisten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Klub unter dem heutigen Namen „Freie Turnerschaft“ wieder ins Leben gerufen. Seit den 50er Jahren mischen die Turner meist in den oberen Amateurklassen Niedersachsens mit, stets im übergroßen Schatten der Eintracht. Die Blau-Gelben sind die Nummer 1 in der Stadt, alle anderen Vereine haben es daneben schwer. Zwischen 200 und 400 Zuschauer hat die FT im Schnitt, wenn die Eintracht zeitgleich spielt, sind es noch weniger. Große Sprünge sind nicht möglich: Der Kader besteht aus Regionalliga-Neulingen, viele stammen aus der eigenen Jugend. Einen Star gibt es nicht. Der bekannteste Name ist der von Torwart Daniel Reck, Sohn des ehemaligen Werder-Keepers und jetzigem Düsseldorf-Trainers Oliver Reck. Der 25-Jährige studiert nebenbei, vom Fußball leben kann bei den Turnern keiner. Immerhin: Als die Braun-Weißen Mitte August bei ihrer DFB-Pokal-Premiere den 1. FC Köln empfingen, wurden die Spieler an den Einnahmen beteiligt. 9.100 Zuschauer sahen das 4:0 im Eintracht-Stadion.

Das Stadt-Derby gegen Eintracht II fand hingegen auf einem Nebenplatz des Stadions statt – vor nur genau 404 Zuschauern. Sportlich sieht es nicht rosig aus: „Die Spieler haben sich weiterentwickelt, nur die Ergebnisse passen nicht“, sagt Coach Walther. „Aber wenn wir eine Serie starten, ist vielleicht alles möglich.“ Die Hoffnung lebt noch im Braunschweiger Prinzenpark. TIMO KELLER