Es geht um Milliarden, um Sex und sogar um Landesverrat

CHINA Die Führung der KP hat den einst mächtigen Sicherheitschef Zhou Yongkang verhaften lassen

AUS PEKING FELIX LEE

Als oberster Sicherheitschef war er einst der am meisten gefürchtete Mann Chinas. Nun sitzt er selbst hinter Gittern. Wie die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua in der Nacht zum Samstag berichtet, hat die regierende Kommunistische Partei den Spitzenpolitiker Zhou Yongkang ausgeschlossen und festnehmen lassen.

Der 72-Jährige habe seine Macht missbraucht, „um Verwandten, Geliebten und Freunden zu großen Profiten zu verhelfen“, zitiert Xinhua wortwörtlich aus einer Erklärung der Parteispitze. Sein Verhalten habe ganz erheblich dem Ruf der Kommunistischen Partei geschadet. Vor allem der Vorwurf des Staats- und Parteiverrats wiegt schwer. Darauf droht in der Volksrepublik die Todesstrafe. Zhou Yongkang war Mitglied des Ständigen Ausschusses und oberster Sicherheitschef. In seiner Zeit als Minister der Öffentlichen Sicherheit baute er einen mächtigen Polizei- und Geheimdienstapparat auf, der größer ist als die Armee.

Es gab Putschgerüchte

Selbst innerhalb der chinesischen Führungsspitze hatte er den Ruf als Hardliner. Auf ihn geht das harte Urteil gegen den Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo zurück. Bereits im vergangenen Jahr hatten sich die Gerüchte erhärtet, dass die seit zwei Jahren amtierende Führung gegen Zhou ermittelt. Im August gab es parteiintern die ersten sogenannten „Unterrichtungen“, der entscheidende Schritt, bevor die KP-Führung an die Öffentlichkeit tritt.

Chinas Staatspräsident Xi hat sich seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren dem Kampf gegen die Korruption verschrieben und gleich zu Beginn seiner groß angelegten Kampagne angekündigt, weder „Tiger noch Fliegen“ zu verschonen. Zhou war in den 90er Jahren Vizeminister und zuständig für die Ölindustrie. Unter seiner Ägide wurden die Firmenchefs der staatlichen Erdöl-Unternehmen zu reichen und einflussreichen „Baronen“.

Doch würde es bei den Ermittlungen lediglich um Zhous Machenschaften aus dieser Zeit gehen, müsste es auch viele andere Spitzenfunktionäre treffen. Wie die Anfang des Jahres von einem internationalen investigativen Journalistenteam veröffentlichen Offshore-Leak-Daten beweisen, haben sogar Familienangehörige des damaligen Premierministers Wen Jiabao und der Schwager von Xi Jinping selbst Geld auf Auslandskonten in der Karibik liegen.

Zhou galt als Mentor von Bo Xilai, einem schillernden und sehr populären Spitzenpolitiker, der bis zu seinem Sturz größter Widersacher von Xi Jinping war. Als Bo nach einer spektakulären Affäre seiner Frau um Sex, Mord an einem Ausländer und Staatsverrat im Frühjahr 2012 gestürzt wurde, stimmte Zhou als einziger im Politbüro gegen die Amtsenthebung. Es kursierten sogar Gerüchte, dass Zhou zusammen mit Bo einen Putsch geplant hätten. Bo ist zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Nun knöpft sich die Spitze um Xi offenbar auch Bos Mentor vor.