Eine lange Achterbahnfahrt

Der ehemalige HSV-Profi Peter R. wurde gestern vom Landgericht Lüneburg zu sechs Jahren Haft verurteilt. Anfang der neunziger Jahre hatte er mit einem Komplizen zehn Banken überfallen

von KARIN CHRISTMANN

Peter R. lebte schon Jahre unauffällig als Taxifahrer und Fußballtrainer eines Kreisligisten, als sein früherer Kompagnon S. der Polizei ins Netz ging. Und mehr als 30 Banküberfälle gestand. Gestern wurde R. vom Landgericht Lüneburg in einer nur dreistündigen Verhandlung zu einer Gesamtstrafe von sechs Jahren Haft wegen schwerer räuberischer Erpressung in acht Fällen und wegen schweren Raubes in zwei Fällen verurteilt.

Die Geschichte des heute 61-Jährigen ist die traurige Umkehrung der Träume vom erfolgreichen Fußballer, der sich irgendwann finanziell gut versorgt in den Ruhestand verabschiedt. 1966 war R. Profifußballer beim HSV geworden. Der Mittelfeldspieler war Teamkollege von Uwe Seeler und stand in zwei Jahren 27 Mal auf dem Platz. Aber Peter R.‘s Leben nach dem Abschied vom Profifußball war eine Kette von Fehlschlägen und Misserfolgen.

Zunächst arbeitete er als Chemielaborant, scheiterte dann mit einem Import/Export-Geschäft, wurde schließlich arbeitslos – und rutschte am Ende in die Kriminalität ab. Anfang der Neunziger wurde er wegen Betrugs und versuchter schwerer räuberischer Erpressung verurteilt. Danach kehrte er in die Legalität zurück.

Die Banküberfälle, um die es beim Prozess gestern ging, geschahen vor dieser Zeit: Gemeinsam mit seinem Komplizen Jozef S. überfiel R. in den Jahren 1991 und 1992 insgesamt zehn Banken. Als der Jozef S. am Hamburger Hauptbahnhof kennen lernte und für die Überfälle anwarb, war der gerade mal 17 Jahre alt. Als er der Polizei wegen anderer Straftaten ins Netz ging, gestand er auch die Banküberfälle. So konnte R. jetzt noch belangt werden.

Kurz nach der Wiedervereinigung hatte das Duo meist kleine Banken in abgelegenen Dörfern der neuen Bundesländer überfallen, einmal aber auch in Hamburg. R. wartete im Fluchtauto auf S., während dieser die Angestellten mit einer Waffe bedrohte und Geld erbeutete. Zugunsten des Angeklagten nahm das Gericht an, die Waffen seien immer ungeladen gewesen. „Sie schon wieder“ wurde S. von einer Bankangestellten in Burg bei Magdeburg begrüßt, als er sie nur wenige Wochen nach dem ersten Überfall zum zweiten Mal mit einer Waffe bedrohte.

Peter R. übernahm die Planung und behielt auch den Löwenanteil der Beute für sich. Dass er der planende Kopf war, spielte bei der Strafzumessung eine Rolle, ebenso wie die beinahe fließbandartige Folge der Taten und die nicht unerhebliche Beute von insgesamt rund 300.000 Mark.

Vor allem wegen der offensichtlichen Rückkehr des Angeklagten in die Legalität nahm das Gericht aber minderschwere Fälle an. Deshalb wurde das Recht, das zum Zeitpunkt der Tat galt, angewendet werden, denn es ist für R. vorteilhafter: Es sieht nur ein bis fünf Jahre Haft pro Tat vor. Heute könnten bis zu 15 Jahre verhängt werden. Insgesamt verhängte das Gericht dann eine Gesamtstrafe von sechs Jahren für zehn Überfälle.

S. hatte mehr als 30 Taten gestanden. Doch nicht alle konnten noch rekonstruiert werden, und so kamen gegen R. nur 16 Fälle zur Anklage. Nach dem Beginn der Verhandlung einigten sich die Parteien in einem Rechtsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit darauf, dass der Angeklagte zu sechs Jahren Haft verurteilt werden könne, wenn er ein umfassendes Geständnis für zehn Taten ablege. Im Gegenzug wurde die Anklage in den übrigen sechs Punkten fallengelassen.

Sein Geständnis ließ R. von seinem Anwalt verlesen. Er selbst ließ die Verhandlung scheinbar regungslos an sich vorüberziehen. Auch seine Motive ließ er im Dunkeln. Von Arbeitslosigkeit und einer wirtschaftlichen Notlage sprach sein Anwalt. Das Urteil gegen R. ist rechtskräftig.