Die fliegende Minibar

Betrunkene Astronauten und sabotierende Randalierer im Spaceshuttle – mit der Nasa geht es steil bergab

Stellen Sie sich das mal vor: die Nervosität vor dem Start (wird man explodieren?), den Abschiedsschmerz vor einer monatelangen Mission (die Kinder, der Hund!), den Horror (mit den penetranten Kollegen in einer klaustrophobischen Raumkapsel ins All katapultiert zu werden). Und dann haben Sie neulich noch „Alien“ I bis IV angesehen. Was würden Sie tun? So ein kleines Bier zur Beruhigung vielleicht? Gemütsdoping?

Es gibt in der Raumfahrt eine Regel, die den Astronauten jeglichen Alkohol- oder Drogenkonsum bis zu zwölf Stunden vor dem Start untersagt: Bottle to throttle. Klingt sinnvoll. Jetzt hat das amerikanische Luftfahrtjournal Aviation Week bekannt gegeben, dass Astronauten angeblich öfter mal betrunken ins All fliegen. Zumindest US-amerikanische. Und, dass Ärzte und andere Astronauten die alkoholisierten Kollegen zuvor vor einer Gefährdung der Flugsicherheit gewarnt hätten. Seitdem herrschen Empörung und Ungläubigkeit in der Nasa-Zentrale.

Manager Bill Gerstenmaier wies die Vorwürfe zurück und erklärte, er habe niemals einen betrunkenen Astronauten vor dem Start gesehen. Auch die frühere Shuttlekommandeurin Eileen Collins zeigte sich überrascht angesichts des angeblichen Alkoholkonsums. Das passe nicht zu dem, was sie selbst erlebt habe, sagte sie und betonte süffisant, dass sie der Veröffentlichung weiterer Details gespannt entgegensehe.

Interessant, zumindest für boulevardaffine Gemüter, sind eben auch die Umstände, die überhaupt erst zu Gesundheitstests bei Raumfahrern geführt haben. Ein unabhängiges Gremium der Nasa untersuchte eigentlich bloß die Hintergründe eines Eifersuchtsdramas: Die Astronautin Lisa Nowak soll die Freundin eines Kollegen – „her romantic rival“, wie die CNN es formuliert – auf einem Parkplatz des Flughafens von Orlando mit Pfefferspray attackiert haben.

Und das ist noch längst nicht alles aus dem Hause Nasa. Bei einer Pressekonferenz in Cape Canaveral wurde von einem Sabotagefall berichtet: Ein Mitarbeiter soll ein Kabel in einem Computer zerschnitten haben, der in knapp zwei Wochen mit der „Endeavour“ zur internationalen Raumstation ISS gebracht werden soll. Mit der amerikanischen Raumfahrtbehörde geht es bergab, scheint’s – parallel zur Bush-Regierung.

In dem kasachischen Kosmodrom Baikanur, dem größten Raketenstartplatz der Welt, steigt man derweil nach jedem erfolgreichen Start von Bier auf Wodka um. „Das Lebensgefühl von Baikonur lässt sich in Promille messen“, sagte einst ein dort stationierter Soldat namens Alexei. Das aber, wohlgemerkt, am Boden. KIRSTEN REINHARDT