„Den Besen halten können reicht nicht“

Das schlechte Image des Bauernberufs täuscht über die hohen Anforderungen hinweg, findet Ausbilder Klaus Benthin

KLAUS BENTHIN, 50, ist Mitbegründer und Leiter der Heimvolkshochschule am Seddiner See. Diese kümmert sich seit 1993 vorrangig um die Weiterbildung von Landwirten.

taz: Herr Benthin, junge Leute wollen oft weg vom Land und rein in die Stadt. Gibt es Nachwuchsmangel in der Landwirtschaft?

Klaus Benthin: Ja, den gibt es. Sowohl auf der Ebene der Betriebsleiter als auch auf der Ebene der Mitarbeiter im landwirtschaftlichen Betrieb gibt es ein Nachwuchs- und Nachfolgerproblem.

Woran liegt es, dass junge Brandenburger sich so wenig für landwirtschaftliche Berufsbilder interessieren? Oder ist es schlicht ein demografisches Problem?

Nein, das glaube ich nicht. Vielmehr denke ich, dass das Problem mit dem Image des Berufs Landwirt zusammenhängt. Die Landwirtschaft ist ein Bereich, der enorm reglementiert und sehr stark von Förderung abhängig ist. Dies ist ein Aspekt, der die landwirtschaftlichen Berufe belastet. Die Entscheidung für einen Beruf im landwirtschaftlichen Bereich ist in den meisten Fällen mit einem Leben im ländlichen Raum verbunden.

Das ist das Problem?

Das ist möglicherweise für junge Leute, die ja erfahrungsgemäß ganz gerne dahin gehen, wo der Bär steppt, nicht ganz so attraktiv. Defizite in der Infrastruktur ländlicher Gebiete können die Berufswahl der jungen Leute zusätzlich beeinflussen.

Hat sich das im Vergleich zu früher geändert?

Wenn man „früher“ sagt, handelt es sich meist um den Blick in die Zeit der DDR. Zu dieser Zeit ließ sich gutes Leben und Wohnen im ländlichen Raum mit einem halbwegs vernünftigen Einkommen kombinieren. Als ein Großteil der Arbeitsplätze wegfiel, sank auch die Motivation bei den jungen Leuten. Für die Berufsfindung sind solche Aspekte natürlich entscheidend. Ich habe aber das Gefühl, dass sich dieser Zustand grade wieder erholt. Landwirtschaftliche Berufe gewinnen wieder an Attraktivität.

Gehen wir mal positiv an die Sache heran: Was spricht aus Ihrer Sicht dafür, einen Beruf in der Landwirtschaft zu ergreifen?

Landwirtschaftliche Berufe sind sehr moderne Berufe. Biotechnologisch gibt es in der Landwirtschaft beispielsweise hochinteressante Felder. Im Sektor Energie und nachwachsende Rohstoffe eröffnen sich neue Perspektiven. Insgesamt ist man als Landwirt ganz nah an aktuellen gesellschaftlichen Problemen, wie beispielsweise dem Klimawandel.

Das hört sich so gar nicht nach dem landläufigen Bild des Bauern an.

Das Betätigungsfeld ist mit hohen Anforderungen verbunden, was häufig unterschätzt wird. Viele meinen, jemand, der im landwirtschaftlichen Bereich tätig ist, müsse im Wesentlichen nur den Besen geradeaus halten können. Mir persönlich fällt eigentlich kaum ein Beruf ein, der genauso anspruchsvoll ist wie der des Landwirtes.

Die beiden aktuellen Projekte der Heimvolkshochschule laufen Ende des Jahres aus. Wie geht es dann weiter?

Wir werden die Führungskräfteförderung trotz der durchweg positiven Erfahrungen in dieser Form sicherlich nicht weiterführen können. Das Angebot wird es zwar weiterhin geben, aber nicht in der fest strukturierten Form.

INTERVIEW: KERSTIN RUSKOWSKI