Moorlinsen und Schnurbäume

TAZ NEUBAU Zwar kommen die Vorbereitungen für den Bau des neuen taz-Hauses gut voran, doch Häuslebauer wissen: Ohne Probleme geht es nicht

VON KARL-HEINZ RUCH

Kein Bau ohne Probleme, schon gar nicht in Berlin. Eines tauchte im Sommer auf. Anwohner protestierten dagegen, dass auf dem Baugrundstück acht Bäume, darunter zwei wirklich schöne japanische Schnurbäume (Styphnolobium japonicum), dem taz-Neubau weichen sollen. Hatte da jemand etwas übersehen? Die städtebauliche Neuordnung dieses Gebietes rund um die ehemalige Blumengroßmarkthalle wurde doch schon 2011 mit Bürgerbeteiligung diskutiert und 2012 als Bebauungsplan von der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg rechtsverbindlich beschlossen.

Erst der Umzug des Blumengroßmarktes und die neue Nutzung der Halle als Akademie und Archiv des Jüdischen Museums hat den Weg frei gemacht für eine Bebauung der umliegenden Parkplatz- und Lagerflächen mit einem Kunst- und Kreativquartier. Die Stadtplaner waren und sind sich sicher, dass mit dieser Planung nach der Zerstörung der Südlichen Friedrichstadt in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, den Autobahnplänen der siebziger und der Internationalen Bauausstellung der achtziger Jahre die Wunden im Stadtraum nun endlich wieder geheilt werden können. Das dafür aber seltene japanische Schnurbäume weichen werden, hatte hingegen niemand bedacht.

Kaum eine Stelle Berlins erzählt so viel über Brüche und Veränderungen wie die Südliche Friedrichstadt. Berlin erfindet sich immer wieder neu, hier wird sich das in den nächsten Jahren konkret beobachten lassen. Um den Veränderungsprozess auch mit den Bewohnern des Quartiers zu gestalten, wollen die Baugruppen des Kunst- und Kreativquartiers im Frühjahr 2015 für drei Jahre eine „Bauhütte“ auf einer der ehemaligen Lagerflächen einrichten, als Ort für Veranstaltungen und Arbeitsraum der Initiativen der Südlichen Friedrichstadt.

Fünf Monate nach Vergabe des ersten Preises des Architekturwettbewerbs „Ein neues Haus für die taz“ an das Zürcher Architekturbüro e2a von Piet und Wim Eckert sind auch die anderen Planungsbeteiligten für Tragwerksplanung, technische Gebäudeausstattung oder Bauleitung engagiert, aus der Schweiz oder vor Ort aus Berlin. Ein Projektsteuerungsbüro (SMV Bauprojektsteuerung Ingenieurgesellschaft, Berlin) wurde beauftragt, den Bauprozess von der Planung bis zur Fertigstellung im Herbst 2017 für die taz zu koordinieren. Der Planungsprozess befindet sich derzeit in der Phase des Vorentwurfs, in der bis Februar 2015 alle grundsätzlichen Fragen und Probleme geklärt werden sollen.

Ein gravierendes Problem liegt tief unter dem Grundstück. Bei der im Grundstückskaufverfahren üblichen Untersuchung des Baugrundes wurde eine elf Meter tiefe Torflinse unter einem Teil des Grundstücks festgestellt. Schwierige Baugründe sind in Berlin normal und Torflinsen der Lage Berlins in den trockengelegten Sümpfen zwischen Spree und Havel geschuldet. So kam ein zentraler Stadtteil wie das „Moorjebiet“ zu seinem Namen: Moabit. In der Konsequenz werden die schwierigen Bodenverhältnisse zu erhöhten Aufwändungen durch die notwendigen Pfahlgründungen führen.

Derartige Aufwändungen im Rahmen des Budgets zu realisieren, das als wichtige Zielgröße, wie die Einhaltung des Terminplans im Planungsprozess vereinbart ist, gehört zu den Aufgaben der derzeitigen Planungsphase. Am 1. Dezember 2014 wurde der Grundstückskaufvertrag zwischen dem Liegenschaftsfonds Berlin und der taz-Verlagsgenossenschaft beurkundet, ein gutes Jahr nachdem der Steuerungsausschuss des Liegenschaftsfonds die Direktvergabe des Grundstücks an die taz beschlossen hatte.

Zum Schluss verzögerten sich die Vertragsverhandlungen noch einmal, weil ein Teil des taz-Baugrundstücks für einen vier Meter breiten Weg vorgesehen ist, unter dem Versorgungsleitungen für ein Nachbarbaufeld verlegt werden sollen. Eine Krisensitzung aller Beteiligten fand schließlich eine einvernehmliche Lösung, so dass der Kaufvertrag von der taz ohne Übernahme unkalkulierbarer Risiken unterschrieben werden konnte.

Reibungslos, ohne Probleme und schneller als von uns erwartet haben die taz-GenossInnen den wichtigen Finanzierungsanteil der stillen Beteiligungen aus der Genossenschaft mit insgesamt 7 Millionen Euro aufgebracht. Allein 919 stille Gesellschafter aus der Genossenschaft, haben dieses Angebot wahrgenommen. Wäre das nicht schon Überraschung und Grund zu Freude genug, haben auch noch 1.099 taz-SympathisantInnen ihre Beitritt zur Genossenschaft erklärt beziehungsweise GenossInnen ihre Anteile an deren Kapital erhöht. Seit August sind auf diese Weise 868.000 Euro neu gezeichnet worden. Ein Zuspruch, der uns Mut macht.

Wir wissen: Die taz lebt!

Karl-Heinz Ruch, 60, ist Gründer und Geschäftsführer der taz