SPORTPLATZ
: Migranten-Club fühlt sich benachteiligt

AMATEURFUSSBALL Moabiter Kreisligist sieht sich von Verband am verdienten Aufstieg gehindert

„Wir haben entschieden, die Sache an den DFB weiterzuleiten“

Burak Isikdaglioglu

Wenn das Licht der Öffentlichkeit bis hinab in die Niederungen des Berliner Amateurfußballs fällt, dann sind meist traurige Anlässe wie Spielabbrüche oder Schlägereien auf dem Sportplatz die Ursache. Das schien zunächst auch so beim Moabiter Kreisligisten SK Türkyurt, der sich nach einem handgreiflichen Vorfall beim Saisonfinale 2010/2011 um den Aufstieg aus der Kreisliga C in die Kreisliga B gebracht sieht. Doch die Affäre aus der 11. Liga hat mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt, dass sie sogar vor einem ordentlichen Gericht landen könnte.

„Es geht längst nicht mehr um Kreisliga B oder C. Es geht um Gerechtigkeit“, sagt Burak Isikdaglioglu. Der 24-Jährige fungiert als Vorsitzender des Türkischen Sportbegegnungszentrums (TSM), das „interkulturelle Vereine“ mit dem Ziel der Integration in den Berliner Sport unterstützt. Diese Lobby vertritt knapp zwei Dutzend Clubs, darunter SK Türkyurt, gegenüber Verbänden, Behörden und Organisationen. Getreu dem TSM-Motto: „Aus Liebe zum fairen Sport!“

Mit Liebe und Fairness hatte der Vorfall vom 29. Mai 2011, an dem sich der Zwist zwischen Türkyurt und dem Berliner Fußball-Verband (BFV) entzündete, freilich wenig zu tun: Ein Spieler von Türkyurt ließ sich am letzten Spieltag der vergangenen Saison in der Partie gegen Rehberge zu einer Tätlichkeit hinreißen. Zu diesem Zeitpunkt, es lief bereits die Nachspielzeit, führte Türkyurt mit 1:0 und hatte den Aufstieg in die Kreisliga B dicht vor Augen. Doch der des Feldes verwiesene Spieler war kaum zu beruhigen, sodass der Schiedsrichter die Partie tatsächlich noch abbrach.

Zu Unrecht, wie das BFV-Sportgericht später urteilte. Die Partie sei neu anzusetzen. Doch dazu kam es nicht. Das BFV-Präsidium beschloss letztlich, dass zum Spieljahr 2011/2012 kein zusätzlicher Verein aus der Kreisliga C in die Kreisliga B aufsteigt. Türkyurt blieb außen vor. „Das Sportgericht hat entschieden. Das Verbandsgericht hat die Wertung vollzogen“, erklärt Jürgen Pufahl, im BFV-Präsidium für Recht und Satzung zuständig.

„Der BFV hätte sich mit uns an einen Tisch setzen müssen“, zürnt Isikdaglioglu. BFV-Präsident Bernd Schultz, der einen möglichen Prozess vor einem Zivilgericht nicht scheut, entgegnet: „Es gab einen Gesprächswunsch. Aber worüber hätten wir denn reden sollen, wir wurden doch mit Anträgen überschüttet. Wenn es dazu kommt, werden wir den Rechtsweg annehmen.“

Mittlerweile verhärten sich die Fronten. In der türkischen Community wird gegrummelt, „mit uns“ könne der Verband ja so umspringen. Schultz kennt den Vorwurf einer angeblichen Benachteiligung des Migranten-Clubs Türkyurt. Deshalb ordnete der eher als Harmonisierer geltende BFV-Boss an, türkischsprachige Medien nach vermeintlichen Belegen für despektierliche Behauptungen gegenüber dem Verband zu durchforsten. „Sollte dies zutreffen“, sagt Schultz vor der für Mittwoch anberaumten BFV-Präsidiumssitzung, „dann würden wir reagieren.“ TSM-Vorsitzender Isikdaglioglu beschwichtigt: „Für uns das kein Politikum. Wir sind keine Gegenorganisation zum BFV.“

Doch die Kuh ist noch längst nicht vom Eis. Die Option, eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht zu erwirken, hält sich Isikdaglioglu offen. „Wir ziehen das Ganze jetzt durch“, erklärt er. Als letzte sportliche Instanz vor dem Gang zum Zivilgericht bringt er Theo Zwanziger ins Gespräch, den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes. Der TSM-Vorsitzende: „Wir haben entschieden, die Sache an den DFB weiterzuleiten.“ Der „Fall Türkyurt“ zieht Kreise.

JÜRGEN SCHULZ