Etwas für Fußballpuristen

An den Wespen lag es nicht: Bochum und Bremen erkämpfen sich zum Bundesligaauftakt ein Unentschieden. Warum sie ihre zeitweilige Führung prompt wieder verspielten, wissen sich die Werderaner danach nicht recht zu erklären

Sie hätten sich vielleicht ein Beispiel an ihrem Trainer nehmen sollen: Bremens Thomas Schaaf ließ sich auch durch einen Wespenstich nicht aus seiner Ruhe bringen. In dem ihm eigenen Zeitlupentempo wandte er sich leise an den Mannschaftsarzt und bat um etwas Kühlsalbe für die Unterlippe. Seine Spieler taten sich da schwerer: Wiederkehrer Leon Andreasen schlug im Mittelfeld sogar einige Male panisch nach den angriffslustigen Insekten im Bochumer Ruhrstadion. Auch gegen besonders giftige Bochumer fanden die Bremer nicht das rechte Mittel. Immerhin: Wenn Werder am Mittwoch in der Champions-League-Qualifikation auf den kroatischen Meister Zagreb trifft, ist es für die Wespen wohl zu dunkel.

Aber der Insektenangriff, nein, das sei „doch wirklich kein Thema für die Sportschau“, sagte Schaaf nach dem Spiel lachend und ließ den ZDF-Reporter stehen. Und wirklich: Der umkämpfte Bundesligaauftakt zwischen dem VfL Bochum und Werder Bremen brauchte keine bunten Geschichten. Mit 2 : 2 (0 : 2) ging da ein herzhaft geführtes Kampfspiel unentschieden aus, etwas für Fußballpuristen. Bochum wollte nicht noch einmal eine Heimklatsche erleben: In der vergangenen Saison hatten die Norddeutschen sechs zu null gewonnen – vor den Augen von VfL-Ehrenmitglied Herbert Grönemeyer. Damals sollte es ein Bochumer Fußballfest werden, doch Diego und Co. bereiteten den Revierkickern einen Fußball-Albtraum.

Vor allem für Bremens Brasilianer sollte es nicht noch einmal so leicht werden. Die VfL-Defensiv-Abräumer Thomas Zdebel und Christoph Dabrowski behakten Diego deshalb meistens im Duett. Die restlichen Situationen verstolperte der Zehner aber ganz von allein. Er sei ja erst seit ein paar Tagen aus Brasilien zurück, entschuldigte Sportdirektor Klaus Allofs seinen Spielmacher, der nur bei ruhenden Bällen alles richtig machte. Erst verwandelte er einen zweifelhaften Elfmeter – Bochums neuer Keeper Jan Lastuvka muss schon sehr viel Kraft in den Zehen haben, wenn Werder-Neuzugang Boubacar Sanogo nach Vielleicht-Berührung krachend auf dem Rücken landet. Ganz unumstritten landete wenig später ein präziser Freistoß von Diego auf Sanogos Kopf – und dann im Bochumer Gehäuse.

Vor einem Jahr führte Bremen zur Pause erst mit einem Treffer. Diesmal ging Bochum nicht unter, sondern brauchte nach dem Wiederanpfiff nur fünf Minuten, um auszugleichen. Tim Borowski schob die fein herausgespielten VfL-Tore von Stanislav Sestak und Tommy Bechmann auf eigene Schläfrigkeit, Allofs sprach von mangelnder Leidenschaft, Schaaf sagte, man habe Bochum halt zu sehr spielen lassen. Per Mertesacker hatte wohl am besten aufgepasst: Den Anfang der ersten Halbzeit habe man doch auch schon verschlafen, sagte der DFB-Verteidiger. Bochum sei zu vielen Kontern gekommen, Werder habe „Ballsicherheit“ gefehlt, er sei deshalb mit dem Unentschieden durchaus zufrieden. Als hätten sie sich abgesprochen, fehlte bei den Bremer Aktiven allerdings die einfachste Erklärung für den Dämpfer im Ruhrgebiet.

Bis Ende August fällt Thorsten Frings und damit der eigentliche Bremer Fußballmotor aus. Weil wichtige Neueinkäufe wie Carlos Alberto und Duško Tošić noch gehandicapt sind und auf der Bank sogar lädierte Spieler wie Petri Pasanen Platz nehmen mussten, fehlt es an Alternativen und Kraft. Dennoch wollte Trainer Schaaf nicht von Verletzten reden, nicht klagen über die Qualität. Aber Mut macht ihm vor der wichtigen Qualifikationsrunde gegen Zagreb dann doch das Lazarett: Von Tag zu Tag, sagte Schaaf, komme wieder einer dazu. „Und am Mittwoch sind wir wieder ein paar Tage weiter.“ CHRISTOPH SCHURIAN