berliner szenen Sie hören von uns!

Nummer 787

„Personalausweis, bitte! Das sind Sie? ’tschuldigung, aber Sie könnten der Vater sein!“ Ich starre verlegen und bringe mein Anliegen vor: Der Brief von Ihnen, die Unterlagen, als fehlend angekreuzt, habe ich persönlich vorbeigebracht … Ich komme in den Warteraum, neben mir ein älteres Paar, er wiederholt lächelnd an sie gewandt: „Nein, siebenhundertsechsundsiebzig.“ Sie schüttelt nur den Kopf und versucht es nachzusprechen. Schließlich 787 – meine Nummer. Die Sachbearbeiterin klärt mich auf, ich sei nicht erfasst, nirgends. Ob ich nicht in dem Büro oben hinter dem Großraumbüro gewesen sei? „Na, dann setze ich Sie jetzt aufs Aachener Modell zurück.“ Alaaf!

Dann der dritte Wartebereich, die nächste Verantwortliche. Schon routiniert wiederhole ich mein Anliegen: Unterlagen fehlen, aber persönlich abgegeben. „Ja, soll ich jetzt danach suchen, oder was?“ Die Frau telefoniert mit dem Kollegen Bockberg. Der hat mir den Brief geschickt, jetzt hängt es von ihm ab. Die Frau schreit ins Telefon: „Wenn Sie sich noch mal so unkorrekt melden, schicke ich Ihnen eine formelle Abmahnung.“ Dann wird das Gespräch ruhiger, die Frau murmelt mit, plötzlich ruft sie in den Hörer: „Ach, das war ihr erster Arbeitstag!“ Abschließende Worte, ich atme auf und lächle verschwörerisch. Das zieht. Wir unterhalten uns über die Fülle im Warteraum, über die Kunden, die erst um zwölf kommen, ich bekomme eine letzte Wartenummer und einen gnädigen Blick. „Sie hören von uns.“

Zu Hause ein Brief vom Jobcenter: Antrag abgelehnt, trotz Anmahnung fehlten die Unterlagen, Belehrung nach Paragraf xyz. „Rückfragen richten Sie bitte an unseren Telefonservice.“ Ich freue mich schon auf die Warteschleife. CARSTEN WÜRMANN