die taz vor elf jahren über den richtigen umgang mit scientology
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Kulte wie Scientology leben davon, Anfeindungen in Beweise ihrer Auserwähltheit umzudeuten. Daß „die Entstehung neuer Religionen immer mit Blutvergießen, mit großen Opfern und Leiden für ihre Anhänger verbunden“ war, lernen seine Jünger schon aus den unheiligen Schriften des Herrn Hubbard.

Robert Vaughn Young, Abtrünniger und schärfster Gegner der Scientology, rät deshalb davon ab, die Organisation zu verbieten oder zu ächten. Man darf sich nicht auf das Opferspiel dieser Leute einlassen, sondern muß ihnen kühl und mit zivilen Mitteln begegnen. Ihre Filialen gehören als Gewerbebetrieb eingestuft und die Offenlegung der Abgaben von Scientology-Unternehmen an die Konzernzentrale durchgesetzt; zur Ahndung von Erpressung und Psychoterror reichen die vorhandenen Strafgesetze aus.

Und damit sind wir bei dem speziell deutschen Problem mit solchen Organisationen. Es wurde überdeutlich in dem von CNN inszenierten Streitgespräch zwischen dem Scientology-PR-Chef Kurt Weiland und einem JU-Vertreter. Weiland genügten einige wohlinformierte Spitzen über die Verflechtung von Staat und Kirchen hierzulande, um den Jungunionisten sehr alt aussehen zu lassen.

Und dabei hat er nicht einmal darauf hingewiesen, daß es CSU-Politiker waren, die vor einem Jahr mit einer Hetzkampagne das Kruzifixurteil des Bundesverfassungsgerichts denunziert hatten, das nichts weiter war als eine Auslegung der im Grundgesetz vorgeschriebenen religiösen Neutralität des Staates.

Im Streit mit einer religiös maskierten Psychosekte hätten wir es bedeutend leichter, wenn liberale Mindestforderungen wie die Trennung von Kirche und Staat hierzulande eine Lobby hätten.

Jörg Lau in der taz vom 12. 8. 1996