Pionier der biologischen Kläranlage

Jeder Liter Abwasser, den menschliche Aktivität produziert, hat das Potenzial, acht Liter Trinkwasser ungenießbar zu machen. Angenommen, das globale menschliche Abwasser würde nicht gereinigt – es würde derzeit jedes Jahr eine Ostsee fast bis zum Rand füllen. Abwasserreinigung tut also not. Für seinen jahrzehntelangen Pioniereinsatz auf diesem Feld bekommt der US-Bürger Perry L. McCarty morgen in Stockholm anlässlich der Weltwasserwoche den diesjährigen „Water Award“ verliehen.

Der 76-jährige McCarty hat mit seinen ForschungskollegInnen in 40 Jahren Arbeit mit die Grundlagen dafür gelegt, dass Techniken entwickelt werden konnten, mit deren Hilfe jetzt zumindest Teile der Abwasserflut effizient gereinigt werden. Es ist noch immer erschreckend wenig. Selbst in entwickelten Ländern sind es gerade einmal zehn Prozent des häuslichen Abwassers. Dabei erfüllen laut Schätzungen der Unesco wiederum lediglich zehn Prozent der vorhandenen Kläranlagen das Soll, das man verlangen muss, um wirklich von „Reinigung“ zu sprechen. Der große Rest wird nach wie vor in Seen, Flüsse und Meere geleitet in der Hoffnung, die Selbstreinigungskräfte der Natur würden es schon richten.

Die Natur sei auch das Vorbild gewesen, von dem sich der emeritierte Professor der Stanford-Uni in Kalifornien, an der er seit 1962 forscht und lehrt, bei einem Großteil seiner Arbeit habe leiten lassen, lobt das preisverleihende Stockholm Water Institute (Siwi). Über effektive biologische Reinigungsprozesse und die Möglichkeiten der sinnvollen Abwasserverwendung verfasste er zwei grundlegende Lehrbücher und rund 300 wissenschaftliche Artikel: „Forschungen, die zur praktischen Umsetzung in einer ökologisch orientierten Ingenieurswissenschaft beigetragen haben“, so das Siwi.

Speziell hervorgehoben werden seine Studien, die zu Behandlungsmethoden führten, um viele industrielle toxische Verunreinigungen direkt an den verseuchten Stellen im Erdboden unschädlich zu machen. Insgesamt habe McCarty die Rolle der Grundlagenmikrobiologie und der Grundlagenchemie bei der Planung von Bioreaktoren, speziell in Kläranlagen begründet. Die WHO schätzt, dass 80 Prozent aller weltweiten Erkrankungen ihre Ursache in unsauberem Wasser haben. Immerhin sei der Anteil der Weltbevölkerung, der Zugang zu akzeptablen sanitären Einrichtungen habe, in den letzten 15 Jahren von 49 auf 59 Prozent gestiegen. Für die „2,6 Milliarden Menschen, die noch vor der Toilette Schlange stehen“, sollten laut Siwi aber möglichst nicht WCs die Lösung sein. Das hätte „verheerende Folgen“. Trotz preisgekrönter Kläranlagenlösungen. REINHARD WOLFF