SCHON WIEDER VORBEI
: Zehweh, Herzweh

Es tat auch nicht superdoll weh

Eben hatte ich noch Fußball gespielt, furchtbar schlecht, irgendwie hatte ich mir den großen Zeh wehgetan, dann fiel mir auf, dass die Fußballschuhe, die ich mir vor drei Jahren bei Karstadt gekauft hatte, zu eng sind. Nicht viel, eine halbe Nummer vielleicht, es tat auch nicht superdoll weh, sondern nur so halb, aber es genügte, dass das Spielen, auf dass ich mich so gefreut hatte, keinen Spaß machte, dass ich kontinuierlich wie ein Rennauto mit einem kleinen Loch im Reifen, immer schlechter wurde und die Mitspieler ständig schimpften. „Warum bist du da nicht hingegangen! Nimm dich doch mal zusammen! Du hast doch gesehen, dass …“ usw.

Irgendwann hatte ich mich dann ins Tor verkrochen und mir Vorwürfe gemacht: Warum hatte ich nur vor drei Jahren diese Fußballschuhe gekauft? Klar – sie sahen ganz gut aus und hatten nur die Hälfte gekostet, meine Vorbilder, unser Teamchef und sein Sohn, spielten auch in diesen Schuhen, aber eigentlich waren sie immer schon zu eng gewesen. Und eigentlich war ich auch ein ganz anderer Spielertyp als der Namensgeber dieser Schuhe. Die Aussicht, mir demnächst neue Fußballschuhe zu kaufen, freute mich nicht wirklich, es würde lange dauern, passende zu finden – wenn überhaupt! – und es bestand ja die Gefahr, dass ich mit neuen Schuhen auch nicht besser würde spielen können. Selbst wenn sie passten. Was dann noch blöder wäre, weil es dann ja keine Entschuldigung mehr gäbe.

Was mich vor allem wohl deprimiert hatte, war, dass der Sommer nun vorbei ist. Im Sommer hatten wir auf einem schönen Platz gespielt, nun waren wir wieder auf dem harten Schulplatz, gleich würde es wieder Winter sein, und ob es im nächsten Jahr wieder Sommer werden würde, stand in den Sternen. Dachte ich, während ich die Stresemannstraße nach Hause fuhr, an diesen ganzen Naziplakaten entlang. DETLEF KUHLBRODT