Nazi-Kundgebung in Dortmund

AUFMARSCH Rechte nennen sich „Neue, Sachliche Und Demokratische Aktivisten Partei“ und tragen ein NSDAP-Transparent. Polizei verbietet Gegendemo

DORTMUND taz | Rund 50 Neonazis haben am Sonnabend in der migrantisch geprägten Nordstadt in Dortmund demonstriert. Eine Kundgebung gegen Antisemitismus, die ein lokales Anti-Nazi-Bündnis spontan anmelden wollte, wurde dagegen von der Polizei untersagt.

Eine solche Anmeldung war laut Einschätzung der Polizei nicht zulässig, da das Thema Antisemitismus zu allgemein sei und Attacken auf ein Holocaust-Mahnmal schon länger als 48 Stunden zurücklägen.

Die Neonazi-Szene in Dortmund genießt bundesweite Berühmtheit. Immer wieder fallen die Rechten aus dem Ruhrgebiet durch Aktionen mit eindeutigem Bezug zum Nationalsozialismus auf. Im Sommer 2012 wurde ihre Gruppe „Nationaler Widerstand Dortmund“ vom NRW-Innenministerium verboten. Daraufhin organisierten sie sich in der Kleinstpartei „Die Rechte“. Unter dem Dach der „Rechten“ schafften die Neonazis den Einzug in den Dortmunder Stadtrat.

Die Ratsarbeit der Neonazis ist bisher von Provokationen geprägt. Im vergangenen November wollte ihr Ratsherr Dennis Giemsch wissen, wie viele Jüdinnen und Juden in der Stadt leben, wie diese sich auf die einzelnen Stadtteile aufteilen und ob es finanzielle Förderungen von der Stadt für jüdische Einrichtungen gebe. Giemsch begründete die Anfrage damit, dass dies für die politische Arbeit der neonazistischen Partei notwendig sei.

Rund um Weihnachten starteten die Neonazis die nächste Provokationsserie. Sechs Mal versammelten sie sich zwischen dem 21. und 31. Dezember. Dabei führten sie ein Transparent mit, auf dem sie sich als „Neue, Sachliche Und Demokratische Aktivisten Partei“ bezeichneten. Die Abkürzung NSDAP war eine bewusst gesetzte Provokation. Zudem verhöhnten sie Opfer neonazistischer Angriffe, darunter Mehmet Kubasik, der vom NSU ermordet wurde. Das Holocaust-Opfer Anne Frank wurde verhöhnt. Die Polizei schritt nicht ein.

Nach einer erneuten Nazikundgebung am Samstag wollten Mitglieder des Bündnisses BlockaDO, das in Dortmund den Protest gegen Neonazis organisiert, eine spontane Kundgebung vor dem angegriffenen Mahnmal abhalten. Doch die Dortmunder Polizei sah keinen Grund, eine solche Anmeldung zu akzeptieren. Iris Bernert-Leushacke, Anmelderin der Kundgebung, bewertet die Ablehnung als „Unding“. Der Polizei fehle „jegliches politisches Einschätzungsvermögen“.

SEBASTIAN WEIERMANN