Dienstleistung am Wähler

WAHL Die Partei Bürgerbestimmtes Berlin hat keine eigenen Forderungen. Stattdessen will der Vorsitzende Vorschläge der BürgerInnen weitertragen

Oliver Snelinski ist vergleichsweise jung für einen Politiker. Vielleicht erledigt der 31-jährige Lehrbeauftragte den Politikerjob deshalb mit großer Begeisterung. So antwortet er lang und ausführlich auf Fragen, schweift ab, um dann wieder zurückzukommen – wenn er nicht die Frage aus den Augen verliert. Snelinski ist Vorsitzender der Partei Bürgerbestimmtes Berlin, die mit fünf Direktkandidaten zur Abgeordnetenhauswahl antritt – zwei in Mitte, zwei in Charlottenburg-Wilmersdorf und Snelinski selbst in Lichtenberg.

Die Gründung der Partei sei „eine spontane Aktion“ gewesen, erzählt Snelinski. Erst seit Ende März gebe es sie, auf Initiative eines Bekannten. Seitdem ist Bürgerbestimmtes Berlin von 18 auf 24 MitgliederInnen angewachsen. Auf der Homepage steht das Ziel: „Mehr Einfluss der Bürger auf die Politik!“ Snelinski erklärt: „Unsere Grundidee ist, dass die Bürger und Bürgerinnen auch zwischen den Wahlen abstimmen.“ Dazu gehörten Volksentscheide und andere Formen direkter Demokratie. „Neue Politik“ nennt er das.

Snelinski findet, Politiker sollten sich als Dienstleister verstehen: „Wenn du einen Bauunternehmer beauftragst, ein Haus zu bauen, kann er dir auch keine Blockhütte hinbauen.“ Dies müsse man auf die Politik übertragen. Politiker müssten sich daran orientieren, was die Bürger wollen. Bei den etablierten Parteien sei das nicht der Fall. Bürgerbestimmtes Berlin wollte sich deshalb eigentlich kein Programm geben, erzählt der Vorsitzende. „Wir wollen zu den Themen nichts fordern, wir wollen darüber reden.“ Entsprechend zögerlich wird er, wenn man ihn nach einer Verortung von Bürgerbestimmtes Berlin im Parteienspektrum fragt. „Wir sehen uns eher als eine Klammer, die Themen zur Diskussion bereitstellt.“ Ein Programm gibt es nun auch. Wesentliche Punkte: mehr Bürgerbeteiligung und die „Wahl-Box“.

Diese „Wahl-Box“ bietet Bürgerbestimmtes Berlin auf ihrer Website an. Dort könne jeder Themen einbringen, erklärt er. Andere Nutzer hätten dann drei Monate lang die Möglichkeit, das Thema zu gewichten. „Nach den drei Monaten nehmen wir uns die Themen vor, die als besonders wichtig angesehen werden, und sammeln Argumente von Beteiligten.“ Die Bürger könnten im letzten Schritt, mithilfe der Pro- und Contra-Argumente, für oder gegen eine Entscheidung stimmen, die dann als Antrag im Abgeordnetenhaus eingebracht werden könne. Die Politiker sollen sich bei der Abstimmung im Parlament am Willen der BürgerInnen orientieren.

Dass seine Kollegen von „Bürgerbestimmt“ damit ins Abgeordnetenhaus kommen, glaubt der Vorsitzende selbst nicht. „Man kann sagen, für die Partei tendieren die Chancen gegen null.“ Viel Wahlwerbung gibt es nicht. Keine Plakate, kein TV-Spot, nur kleine Flyer, die Snelinski den Menschen vor die Tür legen will. Gleichzeitig sagt er: „Für meinen Wahlkreis bin ich optimistisch.“ Auch allein könne er das ins Parlament tragen, was die Bürger Berlins in der „Wahl-Box“ wollten. „Nach der Abgeordnetenhauswahl sind die Ziele, einen festen Raum für die Partei zu finden und eine Bundespartei zu gründen.“ Schon 2009 trat er als Direktkandidat zur Bundestagswahl an. Und unerschütterlich macht er weiter – für seine „neue Politik“. CHRISTIAN WYREMBEK