„Erziehung zur Gleichheit“

KINDER Wie eine geschlechterdemokratische Erziehung funktioniert, erzählt Annedore Prengel

■ 66, Professorin für Erziehungswissenschaften am Institut für Grundschulpädagogik an der Uni Potsdam.

taz: Frau Prengel, verhalten sich Kinder schon im Vorschulalter geschlechtskonform?

Annedore Prengel: Viele Kinder wollen die Geschlechtergrenzen überschreiten. Das wird häufig nicht toleriert, sie verheimlichen das – manche Jungen erzählen nicht, dass sie Pferde mögen, und manche Mädchen verschweigen, dass sie gerne Fußball spielen.

Sie vertreten den Ansatz der geschlechterdemokratischen Erziehung. Was ist das?

Erziehung im Sinne von Demokratie und Menschenrechten –Gleichheit, Freiheit, Solidarität. Erziehung zur Gleichheit heißt, dass beide Geschlechter die gleiche Grundbildung erhalten. Die Kinder sollen im Kindergarten lernen, was sie sonst nicht erfahren. Er soll ein Ort sein, der Räume für kreative Lebensentwürfe, für selbst gewählte Themen und Interessen bietet. Sie sollen lernen, sich gegenseitig zu respektieren und zu unterstützen.

Wie sieht Geschlechterdemokratie im Alltag aus?

Ein Beispiel ist eine Tanzinszenierung für Cowboys und Cowgirls, über die eine Erzieherin berichtet hat. Kinder konnten aussuchen, ob sie als Cowboy oder Cowgirl tanzen wollten. Viele Mädchen und Jungen nutzten beide Möglichkeiten.

Sind Kitas nicht geschlechterdemokratisch genug?

Pauschal kann man das nicht sagen. Es gibt Kitas, in denen immer noch zweigeschlechtlich getrennt wird, mit einer Bau- und einer Puppenecke. Andere haben das längst überwunden.

Was können ErzieherInnen tun, wenn Eltern geschlechtsspezifisch erziehen?

Familien sind nach wie vor von Geschlechter-Hierarchien durchzogen. Durch Eintritt in die Bildungseinrichtung haben Kinder aber eine Chance, aus der Selbstverständlichkeit von Rollenklischees herauszufinden, wenn ErzieherInnen den Grundsatz der gleichen Rechte mit Nachdruck vertreten.

INTERVIEW: JULIA ROTENBERGER

Haus der Wissenschaft, 20 Uhr