Der Bremer Umzugshilfeskandal

Nichts vergiftet das politische Klima derzeit so wie das Thema Umzugshilfen: Darf ein Senator in die leere Staatskasse greifen? Sitzen wir nicht alle in demselben absaufenden Boot?

VON KLAUS WOLSCHNER

Die Sache ist verfahren. In einer Zeit, in der Sozialhilfeempfänger in eine billigere Wohnung gezwungen werden und in der die bitteren internen Kürzungsrunden für den Haushalt 2008 laufen, macht es sich nicht gut, wenn SenatorInnen mit einem Monatsgehalt von 10.000 Euro sich den Umzug nach Bremen von ihrem Ressort bezahlen lassen wollen. Daran hat Bremens neuer Wirtschaftssenator Ralf Nagel (SPD) vermutlich nicht gedacht, als er den Senat bat, einer Umzugshilfe zuzustimmen. Der Senat genehmigte die Hilfe gleich für alle drei Neulinge.

Das Verfahren ist üblich, auch als Peter Gloystein als Wirtschaftssenator 2005 den Antrag stellte, stimmte der Senat zu. Übrigens auch die CDU-Senatoren. Bei Gloystein kam es nicht mehr dazu, dass er die Quittungen wirklich vorlegen konnte, weil er vorher beim Weinfest einem Obdachlosen Sekt über den Kopf gegossen hatte und wegen der „Wucht der Bilder“ (so damals Henning Scherf), die von dieser Szene gemacht worden waren, zurücktreten musste.

Dass die Sache diesmal nicht geräuschlos über die Bühne ging, hängt insbesondere mit der Politik des Weser Kuriers gegenüber dieser rot-grünen Koalition zusammen. Und mit Ungeschicklichkeiten. Der grüne Senator Reinhard Loske etwa hatte im Senat zu dem Thema geschwiegen, dann aber auf Presse-Anfrage erklärt, er werde keinen Umzugskosten-Antrag stellen. Die Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) ließ gar verlauten, mit der Lage dringend gesuchter Lehrer könne man das nicht vergleichen, für Führungskräfte sei die Umzugshilfe normal. Intern hat Jürgens-Pieper gleichzeitig erläutert, dass sie keinen Antrag stellen werde – die Einrichtung ihrer kleinen Wohnung auf dem Teerhof hätten Ehemann und Sohn erledigt.

Wirtschaftssenator Ralf Nagel ist irritiert, dass das Problem nun an ihm hängen bleiben soll. Das sei eine Sache, die das Rathaus regeln müsse, spielte er den Ball in der vergangenen Woche zurück. Er muss den Eindruck gehabt haben, dass der Bürgermeister nicht zu der Sache steht.

In Bremen trifft man sich auf dem Marktplatz. So traf Bürgermeister Jens Böhrnsen seinen früheren Abteilungsleiter Heiner Heseler, den jetzigen Staatsrat von Ralf Nagel, beim Musikfest auf der Straße. Und muss ihn in aller Öffentlichkeit außerordentlich erregt zur Brust genommen haben dafür, dass „sein“ Senator, eben Nagel, nicht zu seinem Umzugskostenantrag stehe, sondern den schwarzen Peter dem Rathaus zuschieben will.

Um ein wenig Öl ins Feuer zu gießen, war dann im Weser Kurier noch zu lesen, Nagel sei vor die SPD-Fraktion zitiert worden. Nagel schoss sofort zurück, er lasse sich nicht vorführen, schon gar nicht in so einer Frage. Der Sprecher der SPD-Fraktion hatte nur gesagt, er gehe davon aus, dass Nagel – wie das üblich ist für SPD-Senatoren – an der Fraktionssitzung teilnehme. Das tat er dann auch gestern. Und erläuterte, das er bisher immer bei beruflichen Ortswechseln die Umzugskosten erstattet bekommen habe und darin eigentlich kein Problem sehe.

Zumal seine Familie in Berlin wohnen bleibt, wo eines seiner Kinder demnächst Abitur macht, und er nur seinen dienstlichen Wohnsitz von Hamburg nach Bremerhaven verlegt hat. Große Umzugskosten könnten dabei nicht entstanden sein. Und die Hälfte der Kosten hätte er eh bei der Steuererklärung zurückbekommen. Wenn ihm das so klar gewesen wäre ...