DIE DREI FRAGEZEICHEN
: „Ein Geschenk des Himmels“

WARUM? Eine Künstlerin will dem Papst ein Fenster aus dem Berliner Gefängnis Plötzensee schenken. Die Nazis inhaftierten und töteten dort viele tausend Gegner

taz: Frau Obinja, wie sind Sie auf die Idee gekommen, aus einem Knastfenster ein Kunstwerk für den Pontifex zu machen?

Diana Obinja: Die Initiative ging von Diakon Thomas Marin aus, der als katholischer Seelsorger im Gefängnis Plötzensee arbeitet. Die alten Fenster waren gegen neue ausgetauscht worden, sie sollten eigentlich weggeworfen werden. Der Diakon hat sie gerettet und im Keller eingelagert. Als klar war, dass Benedikt XVI. Berlin besuchen würde, schrieb der Diakon einen Brief ans Erzbistum und schlug vor, aus einem der Fenster ein Geschenk für den Papst zu machen. Die Kunstbeauftragte des Erzbistums wiederum kannte mich von früheren Projekten – so ist die Wahl auf mich gefallen.

Wie wurde aus dem Fenster ein Kunstwerk?

Zunächst habe ich den Rahmen mit dem Sandstrahler von altem Lack befreit und mit Säure behandelt. Dann habe ich zwei Bögen aus Büttenpapier mit Kreide und Pigmentfarbe bemalt, die Bögen abfotografiert und am Rechner die Namen der Täter und Opfer von Plötzensee hinzugefügt. Das Ergebnis wurde in Acrylglas eingebrannt und in den Rahmen eingepasst. Die Idee dazu war plötzlich da wie ein Geschenk des Himmels. Bis das Kunstwerk fertig war, habe ich dann aber noch ein halbes Jahr gebraucht. Es ist den vielen tausend Menschen gewidmet, die in Plötzensee für ihre Überzeugungen starben, die aufrecht zum Galgen gingen – egal welchem Glauben und welcher Nation sie angehörten. Das Werk heißt „Plötzenseer Diptychon“.

Werden Sie dem Papst das Kunstwerk überreichen?

Ja, ich werde den Papst am Donnerstag vor der öffentlichen Messe im Olympiastadion treffen und ihm das Diptychon überreichen. Ob das Treffen vor oder hinter der Bühne stattfindet, weiß ich noch nicht so genau. Ich weiß auch noch nicht, was ich zu ihm sagen werde. Aber eins ist sicher: Ich werde auf Italienisch mit ihm reden. Seit meiner Zeit in Florenz ist das meine Lieblingssprache. INTERVIEW: TIMO KATHER

■ Diana Obinja, 48, wurde in Odessa geboren, hat in Florenz studiert und lebt seit 1993 als Künstlerin in Berlin-Kreuzberg