Ziercke fand Parteifreund „arrogant und überheblich“

EDATHY-AFFÄRE Im U-Ausschuss weist der frühere BKA-Chef den Vorwurf des Geheimnisverrats zurück

BERLIN taz | Im Untersuchungsausschuss des Bundestags hat Jörg Ziercke den Vorwurf zurückgewiesen, er habe den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy vor Kinderporno-Ermittlungen gewarnt. Am Donnerstag bezeichnete der Ex-Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) entsprechende Äußerungen Edathys als „irrationale Behauptungen“ und „Verschwörungstheorien“. Die Annahme, er habe Dienstgeheimnisse verraten und dadurch sein Amt aufs Spiel gesetzt, sei absurd.

Edathy, dem wegen des mutmaßlichen Besitz von Kinderpornos ein Gerichtsverfahren bevorsteht, hatte im Dezember vor dem Ausschuss behauptet, Fraktionskollege Michael Hartmann habe ihn ab November 2013 über den Stand der Ermittlungen auf dem Laufenden gehalten. Dieser habe seine Informationen von Ziercke erhalten. Dessen vermeintliches Motiv: Als SPD-Mitglied habe er Schaden von der Partei abwenden wollen, falls der Verdacht gegen Edathy öffentlich wird.

„Warum hätte ich einen mir unsympathischen Menschen schützen sollen?“, entgegnete Ziercke nun im Ausschuss. Edathy hatte einst den NSU-Untersuchungsausschuss geleitet, in dem der BKA-Chef ebenfalls als Zeuge aussagte. Damals habe er den SPD-Mann als „arrogant und überheblich“ wahrgenommen. Zudem sei nicht mal klar, so Ziercke, ob Edathy überhaupt einen Informanten innerhalb der Behörden benötigte: Schon im November 2013 erschienen Medienberichte über Ermittlungen gegen die kanadische Firma, bei der Edathy erwiesenermaßen Filmmaterial bestellt hatte. „Er brauchte keinen Informanten“, so Ziercke.

Der damalige BKA-Präsident selbst war aber durchaus über den Stand der Ermittlungen informiert. Wie eine Akte des Kriminalamts belegt, hakte die Behörde regelmäßig bei der zuständigen Staatsanwaltschaft nach – auf Anweisung der BKA-Spitze. Am 31. Januar 2013 erfuhr sie auf diesem Weg, dass Edathy eine Hausdurchsuchung drohen könnte. Kurz darauf legte der Abgeordnete sein Mandat nieder und meldete seinen Laptop als gestohlen. Ziercke selbst konnte sich nun erst auf Nachfrage an die Information erinnern. Er beteuerte aber, seine Kenntnisse nicht weitergegeben zu haben.

Bis zum Redaktionsschluss war seine Befragung noch nicht beendet. Schon vor Beginn der Sitzung hatten die Ausschussmitglieder angekündigt, ihn in den kommenden Monaten womöglich nochmals hören zu wollen. Für den Donnerstagabend war auch Edathy erneut als Zeuge geladen. TOBIAS SCHULZE