Agitation mit Fußball und Schokolade

Der fair trade e. V. setzt auf die Jugend: Mit Projekten wie „Fair Kiosk“ können Schüler Geld für faire Projekte verdienen. Lehrer wenden sich an den Verein, um Materialien zu bestellen. Der „Fußballkoffer“ etwa enthält einen Film über die faire Herstellung von Bällen, Ballteile und Nähwerkzeuge

VON SOPHIE DIESSELHORST

Der 17-jährige Gymnasiast Tomás Pedroni hat vorgemacht, wie es geht: Gemeinsam mit Schulfreunden hat er an seiner Schule im saarländischen Lebach einen „Fair Kiosk“ gegründet, in dem fair gehandelte Produkte verkauft werden: Schokolade und Kekse, aber auch Tee, Kaffee, Orangensaft und Kunsthandwerk. Das Geschäft läuft gut: „Im Monat verkaufen wir für stolze 400 Euro – gar nicht so wenig bei so einem kleinen Kreis“, berichtet Pedroni. Den Reinerlös spenden die Schüler ihrer bolivianischen Partnerschule.

Initiativen wie den „Fair Kiosk“ zu fördern hat sich der fair trade e. V. auf die Fahne geschrieben. Seit seiner Umstrukturierung 2003 – vorher befasste sich der Verein vor allem mit der Projektpartnerarbeit in Übersee – steht die Jugendarbeit im Mittelpunkt der Vereinsarbeit. Ein Schwerpunkt, der naheliegt: Denn die Träger des fair trade sind neben Misereor und dem Evangelischen Entwicklungsdienst die konfessionellen Jugendverbände. „Die Jugend ist unsere Zukunft, und wenn wir in der Gesellschaft ein nachhaltiges Bewusstsein für Fairen Handel schaffen wollen, müssen wir bei den jungen Menschen anfangen“, sagt Meike Beckervordersandfort, beim fair trade für Bildung und Service zuständig.

Also hat die Sozialpädagogin mit ihren zwei Mitarbeiterinnen eine Internetseite auf die Beine gestellt: „fair 4 you“ ist ihr Titel, und sie soll in Beckervordersandforts Worten „möglichst einfach den Fairen Handel erklären, die Komplexität des Themas für Menschen mit mehr Erklärungsbedarf herunterbrechen“. Die Seite ist quietschbunt, der Leser wird geduzt. Was Fairer Handel eigentlich ist, wird einleitend so erklärt: „Klar, wer freut sich nicht, wenn’s die Lieblingsschokolade schon wieder im Super-Sonderangebot gibt? Und einem witzige Ethno-Artikel bei ‚nanu-nasowas‘ fast hinterhergeworfen werden? – Und welcher Kaffee-Fan sagt schon freiwillig, dass er doch gern ein bisschen mehr für seine ‚Markige Mischung‘ bezahlen möchte …?“

Der jugendliche Leser kann sich darüber informieren, wie Fairer Handel funktioniert, welche Kontrollinstanzen es gibt und was das alles eigentlich mit Globalisierung zu tun hat. Konkrete Beispiele illustrieren die harten Fakten: Man kann zum Beispiel nachlesen, wie der Weg einer Kaffeebohne vom Kaffeebauern bis in unsere Tassen verläuft. Wenn der Erklärungsbedarf dann noch nicht gestillt ist, besteht die Möglichkeit, auf einen der vielen weiterführenden Links zu klicken.

Doch die Seite will nicht nur informieren, sondern auch zum Handeln aufrufen. Unter der Rubrik „Ideen“ finden sich Aktionsideen von A bis Z: vom Erdnussquiz bis zur Schuhputzaktion, die den Leuten ins Bewusstsein rufen soll, wie viele Kinder auf der Welt ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssen.

„Seit die Seite im April online gegangen ist, haben sich die Zugriffe darauf konstant vermehrt“, berichtet Meike Beckervordersandfort stolz. Im Juli schauten sich 6.690 Leute die Seite an. Was die Jugendlichen daraus machen, weiß sie allerdings nicht zu sagen. Sie können sich zwar auf der Internetseite als „Fair Player“ registrieren. Doch dieses Angebot haben bisher nur wenige genutzt. Direkter Kontakt mit engagierten Jugendlichen ist selten: „Es wenden sich aber oft Lehrer an uns, um Informationsmaterialien zu bestellen“, sagt Beckervordersandfort.

Die Produktion von Bildungsmaterialien ist neben der Pflege der Internetseite ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit. Wie die Internetseite sind auch die Bildungs-Sets, die man beim fair trade e. V. bestellen kann, interaktiv gestaltet und beinhalten Aktionsvorschläge. So enthält beispielsweise der „Fußballkoffer“ neben Printmaterial und einem Film über die faire Herstellung von Bällen Ballteile und originale Nähwerkzeuge – und den Vorschlag, doch mal ein Ballnäh-Event in der Fußgängerzone zu veranstalten.

Beckervordersandfort und ihre Kolleginnen hoffen auf den Multiplikatoreffekt: Dadurch, dass sie mit ihren Aktionsvorschlägen meistens Gruppen ansprechen, soll das Bewusstsein für Fairen Handel weit gestreut werden. Ihr Konzept scheint aufzugehen: „Pro Woche erhalten wir etwa 25 Anfragen unterschiedlichster Art“, sagt Beckervordersandfort. Neulich habe zum Beispiel eine Jugendliche angerufen, die ihre Facharbeit über Fairen Handel schreibt und sich nach weiterführenden Informationen erkundigen wollte.

Den Jugendschwerpunkt will fair trade noch ausweiten. Zurzeit arbeiten Beckervordersandfort und ihre Kolleginnen an einem Infomaterial-Set für Kinder ab acht. Darin geht es um etwas, was garantiert allen Heranwachsenden schmeckt: fair gehandelte Schokolade und Kakao.