Klänge des Zorns

FESTIVAL Das Bremer City 46 zeigt in dieser Woche Filme zum Thema „Rebellen“. Es geht gegen die herrschende Politik und den herrschenden Geschmack

Jede Rebellion hat ihre Lieder und auch unter den Musikern gibt es jene, die gegen die Grenzen von Stil und Geschmack aufbegehren. Diesen beiden thematischen Strängen folgt das Programm des zweiten Musikfilmfestivals, das von heute bis Mittwoch im Bremer Kommunalkino City 46 stattfindet. Zehn Filme werden dort gezeigt. Die Bandbreite reicht vom Jugendfilm „Finn und die Magie der Musik“, in dem ein Junge lieber Geige übt als dem Traum seines Vater zu folgen und Fußball zu spielen, bis zu dem Stummfilm „Orlacs Hände“ von Robert Wiene, in dem Conrad Veidt einen dämonischen Konzertpianisten verkörpert, der bei einem Zugunglück beide Hände verliert.

„Musikfilm“ ist ja kein festes Genre mit stilistischen Vorgaben und dramaturgischen Konventionen. Meist handelt es sich um Dokumentationen, in denen eine Musikerpersönlichkeit oder ein Musikstil vorgestellt werden. In einem Film des Programms wird sogar von einer einzigen Komposition erzählt: „Following the Ninth“ von Kerry Candaele beschreibt die Wirkungsgeschichte von Beethovens „Ode an die Freude“, die international als ein Lied der Hoffnung und des Aufbruchs gehört wird.

Gleich drei rebellische Sängerinnen werden in Porträts vorgestellt. „Mercedes Sosa – die Stimme Lateinamerikas“ ist dabei am offensichtlichsten politisch. Die Protagonistin sang jahrzehntelang gegen die Diktaturen auf ihrem Kontinent an.

„The Punk Singer“ folgt der weithin unbekannten Karriere der feministischen Musikerin Kathleen Hanna, die Bands mit den schönen Namen „Bikini Kill“ und „Le Tigre“ gründete und deren Graffiti „Smells like Teen Spirit“ angeblich Kurt Cobain zu seinem Welthit inspirierte.

„Björk’s Biophilia“ ist selber Teil eines musikalischen Konzepts, denn der Film gehört zu dem multimedialen siebten Album der isländischen Sängerin. In ihm wird ein Auftritt Björks im Alexander Palace in London im Jahr 2013 dokumentiert.

Franz Liszt gilt als der erste „Popstar“ des 19. Jahrhunderts. Ob ihm deshalb auch eine psychedelische Pop-Orgie gerecht wird, kann bezweifelt werden. „Lisztomania“ von 1975 hat nur wenig mit dem Klaviervirtuosen zu tun und ist stattdessen eher ein hysterisches Selbstporträt des Filmemachers Ken Russell.

Was wäre, wenn Florian Silbereisen sich vom Musikanten zum Musiker verwandeln und statt volkstümlicher Schlager Avantgardemusik machen würde? Genau dies ist in Finnland mit Kimmo Pohjonen passiert, der aus dem „Käfig der Volksmusik“ ausbrach und stattdessen nun hochmoderne, zum Teil elektronisch verfremdete Klänge auf seiner Ziehharmonika spielt. „Soundbreaker“ ist der passende Titel des Films über ihn.

Am radikalsten mit der Musik ist sicher John Cage verfahren, dessen Stücke mal aus reiner Stille bestehen und auch mal Jahrhunderte lang dauern. In „Journey in Sound“ versuchen die Filmemacher Allan Miller und Paul Smaczny sich diesem schillernden Künstler zu nähern.  HIP

Spieldaten unter www.city46.de; „The Punk Singer“ läuft auch heute um 20 Uhr im Hamburger Lichtmess-Kino