Karlsruher Richter weisen Liberalität zurück

RELIGIONEN Paar unterliegt im Streit über Mitgliedschaft gegen Jüdische Gemeinde Frankfurt

FREIBURG taz | Wer beim Einwohnermeldeamt angibt, „mosaischen“ Glaubens zu sein, muss damit rechnen, dass er damit zugleich der örtlichen jüdischen Gemeinde beitritt. Das entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht und gab damit der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main recht.

Konkret ging es um ein französisches jüdisches Ehepaar, das 2002 nach Frankfurt zog. Als liberale Juden wollten sie jedoch Mitglied ihrer liberalen jüdischen Gemeinde in Frankreich bleiben. Die Satzung der Jüdischen Gemeinde Frankfurt sieht jedoch vor, dass jeder Jude, der nach Frankfurt zieht und nicht binnen drei Monaten widerspricht, Mitglied dieser Gemeinde wird (und in der Folge Bekenntnissteuer zahlen muss).

Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2010 dem Ehepaar recht gegeben. Der Hinweis auf eine „mosaische“ Religionszugehörigkeit lasse angesichts der Tendenz zur Pluralisierung des Judentums die Zuordnung zu einer konkreten jüdischen Gemeinde nicht zu. Dagegen erhob die Frankfurter Gemeinde Verfassungsbeschwerde.

Das Bundesverfassungsgericht bekräftigte nun das Recht der Religionsgemeinschaften, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Nur in Ausnahmefällen könne der Staat internen Regeln die Anerkennung versagen, etwa bei einer Zwangsmitgliedschaft. Offen ließen die Richter, ob eine nur auf Wohnort und Abstammung beruhende Mitgliedschaftsregelung anerkannt werden könnte. Denn nach ihrer Auffassung lag hier eine ausreichend eindeutige Willenserklärung des jüdischen Ehepaars vor.

Aus den Angaben bei der Meldebehörde lasse sich der „nach außen objektiv“ erklärte Willen entnehmen, der Jüdischen Gemeinde Frankfurt angehören zu wollen, befanden die Richter. Schließlich sei die Jüdische Gemeinde Frankfurt die Einzige vor Ort und rechne sich weder dem liberalen noch dem orthodoxen Judentum zu. CHRISTIAN RATH