Die unbekannte leise Siegerin

Ohne die überraschende Kandidatur des rustikalen Parteilinken Jan Pronk wäre sie glatt durchmarschiert. Aber durch seinen polarisierenden Wahlkampf war die weitgehend unbekannte Kandidatin aus Amsterdam kurz vor dem Ziel noch unerwartet ins Hintertreffen geraten. Die Unruhe, die der international bekannte Politprofi mit seinen öffentlichkeitswirksamen Äußerungen in die Partei gebracht hatte, hat am Ende aber nur ihr genutzt: Am späten Montagabend wurde Lilianne Ploumen von den Mitgliedern ihrer Partei als erste Frau zur Vorsitzenden der niederländischen Sozialdemokraten (PvdA) gewählt.

„Weniger Ansprache, mehr Mitsprache“ lautet die Devise der Geschäftsführerin der katholischen Hilfsorganisation Cordaid, für die sie seit 2001 tätig ist. „Wer an die Demokratie glaubt, braucht Mitsprache nicht zu fürchten“, sagte sie jüngst während einer parteiinternen Wahlveranstaltung. Die 45-Jährige hat erklärt, der Parteibasis künftig wieder mehr Gehör verschaffen zu wollen. Auch wenn Wouter Bos, stellvertretender Ministerpräsident und Führungsfigur der PvdA, sich glücklich schätzen dürfte, dass nicht Jan Pronk, sondern „nur“ eine Lilianne Ploumen jetzt die Arbeit der Regierungskoalition kritisch begleiten wird, unterscheiden sich die Positionen der eher zurückhaltenden Ploumen kaum von denen des extrovertierten Pronk. Auch sie wehrt sich gegen eine Flexibilisierung des Kündigungsschutzes, fordert wie Pronk ein Referendum über den EU-Reformvertrag sowie eine Untersuchungskommission zur Beteiligung der Niederlande an der Irakinvasion. Ebenso ringt sie noch um eine Position in der Frage der aktuell anstehenden Verlängerung der Isaf-Mission der Niederlande im afghanischen Urusgan.

Wie Jan Pronk ist Lilianne Ploumen seit Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit engagiert. Die studierte Sozialhistorikerin und verheiratete Mutter zweier Kinder war von 1996 bis 2001 Chefin der NGO Mama Cash, die mikroökonomische Initiativen von Frauen in aller Welt unterstützt. Seit ihrer Studienzeit ist die gebürtige Maastrichterin zudem Mitglied in diversen Organisationen der holländischen Frauenbewegung und hat viele Schriften zur Genderfrage und zur Rassismusbekämpfung verfasst.

Polarisieren und Aufrütteln sind ihre Sache nicht. Insofern wird sie, anders als Jan Pronk für den Fall seines Sieges angekündigt hatte, die Sozialdemokraten im Kabinett Balkenende nicht ständig vors Schienbein treten. Dennoch wird sie die profillose PvdA wieder auf einen linken Kurs einschwören müssen. Und da ist ein wenig Pronk’sches Anecken sicher hilfreich. HENK RAIJER