Wir haben’s immer gesagt

SAUDI-ARABIEN Offiziell gibt sich die saudische Führung bedeckt, dürfte sich aber bestätigt fühlen

In der Region ist in den vergangenen Monaten kaum etwas geschehen, ohne dass die Regierung in Riad den Iran dafür verantwortlich gemacht hätte

AUS RIAD PETER BÖHM

Die Reaktionen in Saudi-Arabien auf Vermutungen über einen Anschlag in den USA auf den dortigen Botschafter des Landes fielen zurückhaltend aus.

Die saudische Vertretung in Washington veröffentlichte eine wolkige Erklärung, in der „die abscheuliche Verletzung der internationalen Normen, Standards und Konventionen“ verurteilt wurde. Und ein bislang nicht öffentlich bekannter Regierungsbeamter wurde von der Nachrichtenagentur Reuters mit der Einschätzung zitiert, „viele im Königreich“ erwarteten nun strenge Maßnahmen. Das Mindeste sei, dass Saudi-Arabien seinen Botschafter aus dem Iran abziehen werde. „Zwischen Saudi-Arabien und dem Iran gab es immer Probleme. Neu ist, dass Amerika nun davon betroffen ist“, sagte der Beamte, dessen Funktion nicht näher benannt wurde.

Da sich in Saudi-Arabien kein Beamter öffentlich äußert, ohne Angst zu haben, gefeuert zu werden, kann man davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um eine von der Führung autorisierte Erklärung handelt. Diese Stellungnahme fasst auch akkurat zusammen, was die saudische Führung nun denken dürfte: Wir haben euch schon lange gesagt, dass der Iran böse ist, aber nun müssen es auch die USA sehen und die ganze Welt.

In Saudi-Arabien und den Nachbarländern ist in den vergangenen Monaten kaum etwas geschehen, ohne dass die Regierung in Riad den Iran dafür verantwortlich gemacht hätte. Experten sprachen gar von einem „Stellvertreterkrieg“ zwischen beiden Ländern. Zum Jahreswechsel 2009/10 bombardierte die saudische Luftwaffe schiitische Huthi-Rebellen im Norden des Jemen an der Grenze zu Saudi-Arabien. Vor einem im März in Saudi-Arabien geplanten „Tag der Wut“ beschuldigte der Außenminister den Iran, den Protest initiiert zu haben. Der Einmarsch von rund 1.000 saudischen Soldaten im Inselstaat Bahrain ein paar Tage später schließlich war vor allem von der Furcht bestimmt, Bahrain könnte gänzlich unter iranischen Einfluss geraten, wenn es den mehrheitlich schiitischen Demonstranten gelingt, das sunnitische Königshaus in Bahrain zu stürzen.

Erst am vorigen Wochenende beschuldigte die saudische Regierung eine „ausländische Macht“ – die saudische Umschreibung für den Iran –, eine Demonstration in Qatif, einer Hochburg der Schiiten, im Osten des Landes angezettelt zu haben. In der ölreichen Provinz leben rund 3 Millionen Schiiten. Seit März gab es dort immer wieder kleinere Demonstrationen; am Wochenende kam es jedoch erstmals zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften.

Das reflexartige saudische Deuten auf den Iran war bisher wenig glaubhaft. Vor allem wegen des Einmarschs in Bahrain waren die Beziehungen zum traditionell wichtigsten Verbündeten, den USA, merklich abgekühlt. Das dürfte sich nun wieder ändern. Für die saudische Führung sieht die Welt heute ein bisschen freundlicher aus.