Kennste einen, kennste alle

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Das „Irish Harp“ bestätigt eine dunkle Ahnung. Das Leben als Ire muss ein schlimmes Schicksal sein

Schön muss es sein, das Leben als Ire. Man kann durch die ganze Welt reisen, und immer wenn das Heimweh droht, gibt es irgendwo einen Irish Pub, in dem man sich zu Hause fühlen kann. Vielleicht aber ist das Leben als Ire auch hart. Egal wohin man reist, immer wird man einen schummerigen Laden finden, der beweist, dass andere Iren schon viel früher da waren.

Irish Pubs nämlich sind für die Kneipenszene das, was Starbucks für Cafés ist: eine Heimat für die Heimatlosen. Genau wie bei Starbucks ist das Personal mindestens so stark internationalisiert wie die Gäste. Und genau wie jedes Starbucks aussieht wie das nächste, sehen sich alle Irish Pubs auf erschreckende und anachronistische Weise ähnlich. Verrauchte, plüschige Pinten voller Krimskrams mit Guinness oder Kilkenny bedruckt.

Das Irish Harp in Berlin-Charlottenburg ist leider keine Ausnahme von dieser Regel. Nur die Flachbildschirme an der Wand – ein Fußballspiel wird übertragen – sind stumm-flackernde Zeugen der modernen Zeit. Alles andere, die lange, dunkle Theke, die gemütlichen Stühle, der Teppich, die Spiegel an den Wänden, das alles sieht nach Vorgestern und Überall aus – ein stilistischer Alptraum.

An den Tischen sitzen kleine Gruppen, einige Gäste haben einen Rollkoffer dabei, trinken Bier und rauchen, was in Irland freilich längst nicht mehr möglich ist. Wie die typischen Berliner Intellektuellen mit ihrem Hang zum Selbstgefälligen, die sonst im Mommsenkiez unterwegs sind, sieht hier keiner aus. Eine bierselige irische Party mag man sich hier jedoch auch nicht vorstellen.

Die Bruschetta kann man als Vorspeise oder Snack durchaus empfehlen, der wirkliche Unmut beginnt bei den Hauptspeisen. Die Fish and Chips werden leider ohne Essig serviert. Das panierte Seelachsfilet ist an Langeweile kaum zu überbieten. Der Caeser Salad misslingt in mehrfacher Hinsicht. Das Dressing schmeckt nach Mayonnaise, auf Croutons wurde gleich ganz verzichtet, die Salatblätter sind die falschen. Trost spendet nur Cider.

Vom Pub-Quiz, das auf der Website des Lokals für Donnerstags angekündigt wurde ist wenig zu sehen. Zwar werden irgendwann die um acht ausgeteilten Fragebögen eingesammelt, eine Auflösung aber gibt es bis zehn nicht. Schade.

Nein, im Irish Harp glaubt man fest daran, dass es ein schlimmes Schicksal sein muss, Ire zu sein. Unglaublich, dass das irische Fremdenverkehrsamt noch nichts gegen die Verbreitung der Irish Pubs in der Welt getan hat. Dem Ruf des Landes könnte das nur nützen.

IRISH HARP, Giesebrechtstraße 15, 10629 Berlin, Tel.: (030) 22 32 87 35, täglich ab 10 Uhr, U-Bahn Adenauer Platz, Cola 2,50 Euro, Bier ab 3 Euro, Hauptgerichte ab 4 Euro