Das Team sind wir

Wo fängt Gemeinschaft an und wo endet sie? Der Fotograf Michael Hughes ging der Frage nach und porträtierte alle Angestellten einer Klinik

VON SUSANN HOFFMANN

In Zeiten, in denen der Begriff „Teamfähigkeit“ geradezu inflationär gebraucht wird und sich die Statistik über die große Zahl ehrenamtlicher Helfer wie eine Werbekampagne liest, hat sich der Fotograf Michael Hughes ganz praktisch mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Die jüngste Arbeit des in Berlin lebenden Briten schmückt seit Ende September den Neubau des Krankenhauses Hedwigshöhe in Berlin-Treptow-Köpenick.

Hughes zeichnete sich in seiner bisherigen fotografischen Arbeit oft durch Ironie aus, etwa indem er touristische Sehenswürdigkeiten durch ins Bild gehaltene Souvenirs ersetzt. Aber auch gesellschaftliche Reportagen und kritische Bilder zu politischen Ereignissen finden sich unter seinen Arbeiten. Schon seit längerer Zeit beschäftigt sich Hughes, der auch für die taz arbeitet, mit Menschen und ihrem sozialen Gefüge. Wo fängt Gemeinschaft an und wo endet sie? Fotoserien von Bundeswehrgruppen oder Zirkusartisten gehen diesem Gedanken nach.

„Was ist überhaupt ein Team?“, hat sich Michael Hughes bei seinem Auftrag für das Krankenhaus Hedwigshöhe gefragt. Die Antwort fällt zunächst ganz pragmatisch aus: „Auf jeden Fall mehr als zwei.“ Er machte sich auf die Suche nach der tieferen Bedeutung des Wortes und entwickelte den Plan, möglichst viele Mitarbeiterporträts anzufertigen. Über sechs Monate dauerte es, die Porträts fertigzustellen, die einen Moment der Privatheit im Klinikalltag einfangen. So strahlt die Landschaftsgestalterin mit einem Strauß Sonnenblumen in der Hand freundlich in die Kamera, und die Krankenschwester lächelt mit geneigtem Kopf, in die Hüfte gestützten Armen und müdem Blick.

Aber nicht das einzelne Porträt ist für Hughes entscheidend, sondern die Gesamtheit aller in Verbindung zueinander. Dahinter steht die Idee, dass ein Team nicht nur aus einer austauschbaren Menge von Mitarbeitern besteht, sondern durch Individuen geprägt ist. Die unterschiedlichen Arbeitsbereiche und Mitarbeiterteams werden durch Hintergrundfarben in der acht mal fünf Meter großen Porträtmontage erkennbar. Jeder findet seinen Platz, niemand steht allein oder entzieht sich dem Kontext.

Aber wie fühlen sich die Mitarbeiter als kleines Rad in der Krankenhausmaschinerie, aber vor allem als Teil des Kunstwerks? „Zu Beginn wollten sich nur wenige fotografieren lassen, doch mit der Zeit wuchs das Interesse enorm“, sagt Hughes. So ist es kaum verwunderlich, dass sich ein Arzt gleich zweimal zur Verfügung stellte und nun 235 Menschen auf 236 Fotos zu sehen. Dass eine Person zweimal auftaucht, dürfte für viele Betrachter Ansporn genug sein, die Gesichter der KrankenhausmitarbeiterInnen zu studieren. Und wer die doppelte Person finden will, sollte nach der Napoleongeste und der gelben Röntgenschürze Ausschau halten.

Interessierte müssen sich nicht beeilen: Die Collage bleibt Mitarbeitern, Kranken und Besuchern noch lange erhalten. Als Kunstgenuss, freundliche Begrüßung und Erinnerung: Wir sind ein Team für alle Fälle.

Krankenhaus Hedwigshöhe, Höhensteig 1, Treptow-Köpenick