„Der Patient entscheidet“

VORTRAG Ein Jurist klärt auf, wer beim Arzt den Standard setzt, wenn die Mediziner uneins sind

■ 41, ist Professor für Bürgerliches Recht, Gesundheits- und Medizinrecht an der Uni Bremen.

taz: Herr Buchner, wer bestimmt denn nun, was die richtigen Behandlungsstandards beim Arzt sind?

Benedikt Buchner: Das können nur Mediziner, nicht Juristen. Letztendlich ist es eine medizinische Entscheidung. Nur wenn die Mediziner sich nicht einigen können, stellen Juristen Spielregeln auf.

Und wie können Juristen dann überhaupt medizinische Spielregeln aufstellen?

Das ist in der Tat problematisch. Juristen differenzieren beispielsweise nach Leitlinien, Richtlinien und Empfehlungen. Aber was medizinisch nicht geklärt ist, können Juristen auch nicht klären. Jede Regulierung führt zudem bei Medizinern schnell zu dem Vorwurf der „Kochbuchmedizin“, die dem Behandlungsalltag gar nicht gerecht wird.

Können Sie konkrete Beispiele nennen?

Es war in der Hormontherapie lange Zeit kontrovers, wie die Risiken gegenüber den Nutzen abgewogen werden können. Medizinische Praktiker sahen in der alltäglichen Behandlung eher die Erfolge der Therapie. In wissenschaftlichen Studien lag der Fokus dagegen auf den Risiken. So ist eine Hormonbehandlung von Frauen in den Wechseljahren in der Praxis populär. Diejenigen, die auf wissenschaftliche Studien pochen, treten dem gegenüber und sagen, durch die Hormonbehandlung erhöhe sich etwa das Risiko für Brustkrebs.

Sollte nicht eigentlich der Patient selbst entscheiden, was für ihn gut ist?

Ja, aber der Patient muss über die Nutzen und Risiken aufgeklärt werden, die die Behandlung hat. Und da ist er letztendlich darauf angewiesen, zu welchem Arzt er geht und wie der Arzt ihm die Nutzen und Risiken präsentiert. Interview: Maren Ewert

11 Uhr , Haus der Wissenschaft