Nächste Stunde: Wirtschaft

BILDUNG SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel fordert ein Schulfach „Ökonomische Bildung“ für alle. Doch an den Schulen ist Wirtschaft längst ein großes Thema. Ein zu großes, wie manche finden

BERLIN taz | Das Fach „Ökonomische Bildung“ soll fest in den Lehrplänen von Schulen verankert werden, forderte SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Dienstag. Die Kulisse: eine Veranstaltung von Unternehmen und Stiftungen zur Förderung von Bildung und Unternehmertum in Deutschland. Abgesehen davon, dass die Länder und nicht Lobbyisten für die Lehrpläne zuständig sind und Gabriel nicht das Bildungsressort leitet, ist der Vorschlag nicht gerade taufrisch – und schon vielfältig umgesetzt. „Wirtschaft ist an den Schulen fest verankert“, sagte ein Sprecher der Kultusministerkonferenz (KMK) der taz.

Die KMK hat bereits 1993 festgelegt, dass die Hinführung zu Berufs- und Arbeitswelt Bestandteil aller Schularten ab Klasse 5 sein soll. Ökonomisch gebildet werden Schüler in Geografie, Geschichte, Politik oder Gemeinschaftskunde. In Berlin etwa sind Inhalte wie Konsum und Wirtschaft Bestandteil des Sozialkundeunterrichts der 10. Klassen. In vielen Ländern gibt es „Wirtschaft“ auch als eigenständiges Wahlpflichtfach. Bayerns Mittelschüler etwa können „Wirtschaft-Arbeit-Technik“ belegen, für Realschüler und Gymnasiasten gibt es „Wirtschaft und Recht“.

An vielen Gymnasien kann Wirtschaft ebenfalls als eigenständiger Kurs angeboten und sogar Prüfungsfach werden – etwa in Niedersachsen. Gabriel selbst hatte 1979 sein Abitur am Ratsgymnasium Goslar in jenem Fach abgelegt.

Im Grün-Rot regierten Baden-Württemberg steht das Fach „Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung“ ab nächstem Schuljahr erstmals als Pflichtfach auf dem Stundenplan.

Über den Unterricht hinaus existieren zahlreiche Kooperationen mit der Wirtschaft.

„Die Pisa-Studie offenbarte 2006, dass mehr als 87 Prozent der 15-Jährigen hierzulande eine Schule besuchen, an der Industrie und Wirtschaft Einfluss auf die Lehrinhalte ausüben“, kritisiert der Soziologe Tim Engartner in einem Beitrag für die taz. Das grenze an einen „Negativrekord“. A. LEHMANN