Tod beim Telefonieren

ERMORDET Der Regisseur Finn Nørgaard, der unter anderem Dokumentarfilme für das dänische Fernsehen produzierte, starb am Samstag vor dem Kulturcafé

STOCKHOM taz | Einer „Hinrichtung“ habe die Erschießung von Finn Nørgaard geähnelt, beschreibt ein Augenzeuge die Ermordung des 55-jährigen Filmregisseurs. Vor der Eingangstür des Kulturhauses Krudttønden, in der die Diskussionsveranstaltung zum Thema Kunst, Blasphemie und Meinungsfreiheit stattfand, war Nørgaard am Samstagnachmittag von mehreren Schüssen aus der Waffe des Attentäters in Brust und Oberkörper getroffen worden.

Offenbar war er nach Beginn der Veranstaltung noch einmal aus dem Saal gegangen, um ein Telefonat zu führen, vermutet der Fotograf Peter Bak, der ihn kurz zuvor im Café begrüßt hatte. „Wir haben uns umarmt und bekräftigt, wie wichtig diese Veranstaltung ist“, erzählt Bak. „Und wir sprachen darüber, dass wir mal wieder etwas gemeinsam produzieren sollten.“

Nørgaard, der ab 1991 eine Medienausbildung an der Universität Kopenhagen absolvierte, begann seine berufliche Laufbahn als Fotograf und Cutter. Er produzierte mehrere Dokumentarfilme vor allem für das dänische Fernsehen. Darunter „Boomerang-Boy“ über einen australischen Jungen, der davon träumt, Bumerang-Meister zu werden, und einen Film über vietnamesische Migranten in Dänemark („Lê Lê – De jyske vietnamesere“). In „Ein anderer Weg“ geht es um den Umgang der Gesellschaft mit kriminellen Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Nørgaard betrieb eine Produktionsfirma, die sich vorwiegend mit Werbefilmen und anderen kommerziellen Aufträgen beschäftigte, beispielsweise für SAS und Microsoft.

Eigentlich sei er keine allgemein bekannte öffentliche Person gewesen, meinen Freunde und Bekannte Nørgaards. Dass der Terrorist ausgerechnet ihn erschoss – ein Zufall? „Es ist schockierend und erschreckend, dass mutige Menschen von feigen, muslimischen Faschisten ermordet werden“, hatte der Regisseur am 7. Februar nach dem Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo auf seinem Facebook-Account geschrieben.

REINHARD WOLFF