Diese Jugend nervt

Tilidin und Urin

Wenn man in Friedrichshain vor der Abendunterhaltung Bargeld braucht, geht man zu einem der fünf Geldautomaten, die eine Berliner Bank an der Warschauer Straße aufgestellt hat. Der kleine Raum an der Ecke der Warschauer zur Revaler Straße ist am Wochenende immer gut gefüllt. Während man gemeinsam mit der Berliner Jugend Schlange steht, fallen einem die privaten Sicherheitsmänner auf, die in einer Ecke stehen und lesen.

Wenn sie nicht da sind, verwüsten Partykids den Geldautomatenraum. Meist liegen kaputte Bierflaschen herum, und es ist verraucht. Dass es sich bei dem klebrigen Film, der oft den Boden bedeckt, nicht nur um Bier handelt, weiß ich seit dem letzten Wochenende. Während ich meine Nummer in den Automaten tippte, pinkelte einer der drei jungen Männer, die neben mir standen, in den Raum. Die beiden anderen fanden das toll. Ich fand das nicht toll, aber ich wusste auch nicht so recht, was ich machen sollte. Wer so etwas macht, der schlägt womöglich auch Frauen.

Vielleicht waren die drei auf Tilidin, angeblich die neue Lieblingsdroge der Berliner. Sie euphorisiert und macht schmerzunempfindlich – aber leider nicht die Menschen, die unter dem Benehmen der Zugeballerten zu leiden haben, sondern nur die Konsumenten selbst. Vielleicht haben sie sich das Schmerzmittel aus der Apotheke in der Warschauer Straße geholt – die ihren eigenen privaten Sicherheitsmann beschäftigt – und es mit einem Sternie aus dem längst ebenfalls privat aufgerüsteten „Kaiser’s“ runtergespült. Vielleicht waren sie aber auch nur unsympathische Idioten. Ein Freund hat mir erzählt, in Belfast würden die Besoffenen auf die Straßen kacken. Das kann ja heiter werden. NADJA GEER