Attentat in Ostindien

Der Staat ist machtlos gegen maoistischen Untergrund

DELHI taz ■ Die Naxaliten, wie der maoistische Untergrund in Indien heißt, setzen ihren Krieg gegen den Staat mit Gewalt fort, indem sie die Armen umbringen. Im ostindischen Bundesstaat kam es in der Nacht vom Samstag erneut zu einem schweren Zwischenfall. Rund 100 Naxaliten mischten sich in einem Dorf unter die Besucher eines Gesangsfests. Kurz nach Mitternacht bemächtigten sie sich der Lautsprecheranlage und forderten einen prominenten Lokalpolitiker auf, sich zu ergeben. Als dieser in der Menge untertauchte, schossen sie wahllos in die Festgemeinde. Achtzehn Menschen wurden getötet.

Der Zwischenfall zeigt erneut die Unfähigkeit des Staats, mit der Herausforderung der Maoisten fertig zu werden. Diese sind in einem Viertel aller 602 Bezirke des Landes aktiv. Ministerpräsident Manmohan Singh nannte die Naxalitenbewegung, die dieses Jahr vierzig wird, die größte Gefahr für Indien. Als im Jahr 2005 über 1.000 Menschen durch naxalitische Gewalt umkamen, ging Delhi daran, eine koordinierte Sicherheitsstrategie umzusetzen, mit umfangreichen Mitteln für die zusätzliche Rekrutierung von Polizeikräften und deren Spezialausbildung. Doch das Polizeiwesen fällt in die Kompetenz der Bundesstaaten und deren Kader zeichnen sich durch schlechte Moral, Korruption und die Kontrolle durch Politiker aus.

Nur in Andhra Pradesh wurden die Maoisten mit Hilfe von Polizeimilizen, die selbst in einer rechtlichen Grauzone operieren, zurückgedrängt. Dafür nahm ihre Tätigkeit in den Nachbarstaaten zu, und nach einem Rückgang der Opfer im vergangenen Jahr hat deren Zahl in diesem wieder zugenommen; sie beläuft sich auf 550 Tote. Der Staat hat mittlerweile erkannt, dass allein der bewaffnete Kampf gegen den Untergrund diesen nicht beenden wird. Die Regierung in Delhi hat daher die Ausgaben für Armutsprogramme gerade in den am meisten betroffenen Staaten erhöht. B. I.