Poetry Poppenspäler

SLAM Jetzt müssen auch die Puppen in die Schlacht – erster deutscher Puppetry Slam am Sonntag im Supamolly

■ Am Sonntag feiert der Puppetry Slam seine Premiere im Supamolly, Jessnerstraße 41. Einlass ist um 19 Uhr, geslamt wird ab 20 Uhr: dabei werden acht Kandidaten und ihre Puppen in mehreren Runden um die Gunst des Publikums kämpfen.

■ Moderiert wird der Abend von der Autorin und Poetry-Slammerin Jana Heinicke und dem Puppenspieler René Marik.

VON LUISE CHECCHIN

Ob Science Slam, Karaoke Slam oder klassisch mit Poetry: „In Berlin kann man fast jeden Tag zu einem Slam gehen“, sagt Jana Heinicke, die trotzdem ab Sonntag noch eins draufsetzen will mit einem zusätzlichen Format – dem Puppetry Slam. Auf die Idee kam die 28-Jährige, nachdem ihr eine Bekannte, die an der Ernst-Busch-Hochschule Puppenspiel studiert, von ihrer Kunstform vorgeschwärmt hatte.

Angesteckt von dem Enthusiasmus, fand Heinicke es schade, dass in den Köpfen der meisten Erwachsenen Puppenspiel oft nur mit Kasper und Krokodil gleichgesetzt wird. „Dass das Puppenspiel total vielschichtig sein kann, das geht so ein bisschen vorbei am kulturellen Mainstream“, bedauert sie.

Was könnte man also tun, um Puppenspiel auch bei Erwachsenen populärer zu machen? Für Jana Heinicke, die am Literaturinstitut im schweizerischen Biel studiert hat und selbst Slammerin ist, war schnell klar: Der Nervenkitzelfaktor eines Slams wäre ideal dafür. „Und dann habe ich das gegoogelt und festgestellt: Das gibt es schon“, lacht Heinicke, „aber halt nur in den USA.“ Die Ursprünge der Puppetry Slams gehen dort bis in die siebziger Jahre zurück. Mittlerweile gibt es in den USA etliche regionale Wettbewerbe und jedes Jahr eine nationale Meisterschaft, organisiert vom „Center for Puppetry Arts“.

Arbeit mit Konzept

In den USA ist der Wettstreit mit den Puppen also längst angekommen. Aber wie etabliert man ein Format in einem Land, in dem es zwar ausgebildete Puppenspieler gibt, aber kaum jemand etwas mit dem Begriff „Puppetry Slam“ anfangen kann? Das fragte sich auch Jana Heinicke und schrieb kurzerhand ein Konzept, das sie dem Abteilungsleiter Puppenspiel der Ernst-Busch-Schule vorlegte. Der war begeistert und stellte ihr Räume für Workshops zur Verfügung. Heinicke brachte die Slam-Erfahrung mit, die Ernst-Busch-Studierenden beherrschen das Puppenspielhandwerk.

Nach diesen ersten Experimenten konnte Heinicke auch den durch seine Maulwurffigur bekannten Puppenspieler René Marik für das Projekt gewinnen. Zusammen mit Heinicke wird er am Sonntag im Supamolly den ersten Puppetry Slam Deutschlands moderieren – das heißt, eigentlich nicht er, sondern eine Rattenfigur, die sich die beiden als patzigen Sidekick eigens für den Abend einfielen ließen.

Das übelgelaunte Nagetier wird vermutlich nicht die exotischste Figur auf der Bühne sein. Zu erwarten sind etwa ein Eisbär, der eine Trauerrede auf seinen toten Bruder Knut halten wird, und ein Froschmonster mit Goldkettchen und Feinrippunterhemd, das über seine jüngsten Abschleppversuche referiert. Insgesamt acht Kandidaten aus ganz Deutschland konkurrieren miteinander. Weil die Nachfrage größer war als die Zahl der Startplätze, entschieden sich Heinicke und Marik, einfach diejenigen zuzulassen, die sich als Erste beworben hatten. Ein professioneller Puppenspieler und Puppenspielstudenten der Ernst-Busch-Schule sind dabei, aber auch Kandidaten aus ganz anderen Bereichen. Denn Handpuppen sind kein Muss, um beim Puppetry Slam anzutreten. So wird es am Sonntag auch Schatten- oder Maskenspiel zu sehen geben. „Es kann auch jemand mit einer Chipstüte auftreten und sagen: Das ist jetzt mein Objekt, und damit mache ich etwas“, erklärt Jana Heinicke ihre Herangehensweise.

Puppen, die slammen, wie unterscheidet sich das eigentlich von einem normalen Poetry Slam? Einige Regeln bleiben unverändert: Die gezeigte Nummer muss selbstständig verfasst und erarbeitet sein, maximal sieben Minuten darf ein Auftritt dauern, und das Publikum entscheidet am Ende, welcher Kandidat am überzeugendsten war.

Trotzdem gibt es Unterschiede zwischen einem Slam mit und einem ohne Puppen, meint Heinicke. Der Text etwa sei zwar ein Mittel, aber er stehe nicht so sehr im Vordergrund. „Es geht nicht darum, dass Kermit jetzt zum Goethe wird“, findet sie. Mit dem Puppenspiel komme dafür eine neue Ebene in den Slam. Durch den Dialog von Puppenspieler und Puppe könne die Slam-Performance mehr Dimensionen bekommen.

Wie der Wettstreit der Puppen dann live auf der Bühne abläuft, das kann Heinicke selbst noch nicht so richtig einschätzen. Schließlich sei das ja für alle Beteiligten der erste Puppetry Slam überhaupt. Ob das Format auch hierzulande funktioniert und demnächst ein deutscher Meister im Puppen-Slam ausgerufen werden kann, bleibt also abzuwarten. Aber, findet Heinicke, „irgendwo muss man halt anfangen, wenn man es durchziehen will“.