Eine Allianz für 100 % Mauerpark

Mit neuen Protesten und einem Bürgerbegehren geht das Tauziehen um den Mauerpark weiter. Gefragt sind nun Stimmberechtigte aus Mitte, die den Bebauungsplan ablehnen

 Dienstag, 3. März Infoveranstaltung der Mauerpark-Allianz: „Was passiert am Mauerpark? Was passiert in unserem Viertel?“ Um 19 Uhr in der Freien Schule am Mauerpark, Wolliner Straße 25/26 ■  Immer montags Das wöchentliche Plenum ist offen für alle, die sich für 100 % Mauerpark engagieren wollen. Treffen immer montags um 19 Uhr, Jugendfarm Moritzhof, Schwedter Straße 90

mauerpark-allianz.de

Die Mauer ist verschwunden, aber der Mauerpark ist immer noch geteilt. Wo einst die Mauer stand, verläuft nun die Bezirksgrenze zwischen Pankow und Mitte. Auf der einen Seite, zum Prenzlauer Berg hin, wurde ein Park angelegt. Hier gibt es Wiesen, Karaoke und einen Kinderbauernhof. Richtung Gesundbrunnen finden sich Zäune, Gewerbe und Brachflächen.

Eigentlich ist das gesamte Areal seit 1994 als Grünfläche im Berliner Flächennutzungsplan ausgewiesen. Das Ziel von Politik und Anwohnern: Dort, wo einst die deutsch-deutsche Grenze verlief, soll der Mauerpark ein lebendiger Ort der Begegnung sein, ein Grünzug mit Erholungsqualität.

Das Problem: Der Westteil des Mauerparks befindet sich in Privatbesitz. Das war nicht immer so. Ursprünglich gehörte das Areal der Bahn. Nach der Wiedervereinigung übertrug die Deutsche Bahn AG dem Bund eine Vielzahl von ungenutzten Liegenschaften. Einen Teil davon gliederte der Bund in eine Vermarktungsgesellschaft aus, die dann privatisiert wurde. Neue Eigentümerin des westlichen Mauerparks wurde so die österreichische CA Immo Anlagen AG .

Der Kompromiss: Mit einem geheimen Vertrag haben sich das Land Berlin und die CA Immo im Jahre 2012 geeinigt. Der Deal: Baurecht gegen Parkfläche. Der größere Teil des Geländes, ca. 7 Hektar, gehen an das Land Berlin. Ein Teil wird als Park gestaltet, auf einem Teil bleibt der beliebte Trödelmarkt erhalten. Der Rest der Fläche, circa 3,5 Hektar, verbleibt in Privateigentum. Hier dürfen Wohnungen gebaut werden. Das Land sichert Baurecht zu. Der Vertrag wurde prompt geleakt und in der taz veröffentlicht. Hier ist nachzulesen, dass der Abschluss des Vertrages das Land Berlin 6,3 Millionen Euro kostet.

Heiner Funken, Vorstandssprecher der Bürgerinitiative „Welt-Bürger-Park“ sagt, das Land habe sich „über den Tisch ziehen lassen“.

Zumal die Bahn das Gelände der Stadt 1999 sogar einmal schenken wollte, so Funken. Aus Sorge vor möglichen Kosten für eine Altlastensanierung hätte der damalige Finanzsenator Sarrazin aber abgelehnt. Die Mauerpark-Allianz, ein Bündnis aus Bürgerinitiativen und Anwohner*innen, fordert, was von Anfang an geplant war: 100 % Mauerpark.

Sie verweisen auf die Privatisierung des Geländes und kritisieren den nun nicht mehr so geheimen Vertrag. Hauptkritikpunkt aber sind die geplanten rund 700 Wohnungen und Studentenappartements. „Was so zynisch ist, dass wir statt einer Parkplanung nun eine Bebauungsplanung bekommen, ein Luxusquartier statt Mauerpark-Erweiterung“, sagt Regina Sternal von der Mauerpark-Allianz. Sie befürchtet, dass der Mietspiegel steigt und alteingesessene Bewohner*innen verdrängt werden. Viel zu massiv sei die Bebauung; ein Drittel Eigentumswohnungen, zu viel; 13 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, zu teuer.

Um bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen, will der Investor Klaus Groth 120 Wohnungen an die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewobag verkaufen. Staatlich subventioniert, werden dann Kaltmieten um 6,50 Euro angeboten. Aber auch dieses Vorhaben steht in der Kritik. „Es ist ein Skandal“, findet Regina Sternal, „dass die öffentlich geförderten Wohnungen wie eine Lärmschutzmauer direkt an der Bahnstrecke platziert sind und die Funktion haben, die teuren Eigentumswohnungen abzuschirmen.“ Der Bebauungsplan für den Wohnungsbau liegt aktuell im Bezirk Mitte aus. Bis zum 16. März können alle Bürger*innen ihre Einwände geltend machen, auch online.

Die Mauerpark-Allianz hofft auf viele tausend Einwendungen. Auf ihrer Webseite haben sie Argumente zusammengetragen, die gegen die Bebauung sprechen. Zudem wurde ein Bürgerbegehren beim Bezirk Mitte eingereicht. Anfang März könnte das große Unterschriftensammeln losgehen. 6.700 gültige Unterschriften werden benötigt. Der Verlauf der Bezirksgrenze stellt dabei ein demokratisches Hindernis dar. Die Unterschriften von Anwohner*innen im Prenzlauer Berg sind nicht gültig. Nur wer im Bezirk Mitte gemeldet ist, darf sich beteiligen. Das nur die eine Hälfte der Anwohner*innen abstimmen darf, ist „eine Herausforderung“, sagt Regina Sternal.

Der Kampf um den Mauerpark geht somit in die letzte Runde. Die Bürgerinitiativen haben bisher viele Erfolge errungen. Rund 83 % Mauerpark haben sie in den letzten 20 Jahren erstritten. Es bleibt spannend, ob sie auch noch den Wohnungsbau auf den verbleibenden 17 % Privatbesitz verhindern können und ihr Ziel 100 % Mauerpark erreichen werden. JÖRN ALEXANDER