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Auch nach der mit Spannung erwarteten Sitzung des Stiftungsrats der Richard-Wagner-Festspiele am Dienstag gibt es keine Anzeichen für eine baldige Lösung der schweren Krise über die künftige Leitung der Festspiele. Der 88-jährige Amtsinhaber Wolfgang Wagner erschien zum Unmut der Stiftungsratsmitglieder erst gar nicht zu den Beratungen und gab zu erkennen, dass er keinesfalls ans Aufhören denkt.

Sein Anwalt Stefan Müller entgegnete Spekulationen über Wagners Gesundheitszustand, dieser sei „selbstverständlich geschäftsfähig“. Vom greisen Enkel des Komponisten wird allseits erwartet, durch seinen Rücktritt endlich die Voraussetzung für die Lösung der seit Jahren umstrittenen Nachfolgefrage zu schaffen.

Wolfgang hat einen Vertrag auf Lebenszeit. Allerdings muss Wagner dann auch tatsächlich die Geschäfte führen. In Wirklichkeit aber, so wurde vor kurzem im 3-Sat-Kulturmagazin Kulturzeit spekuliert, sei es längst seine Frau Gudrun, die das operative Geschäft leite. In diesem Fall wäre Wolfgang Wagners Vertrag längst erloschen. „Gudrun ist die starke Frau auf dem Hügel und hat nicht gerade den besten Einfluss auf die Festspiele“, sagte Jürgen Flimm dem Fernsehmagazin.

Der Stiftungsrat ließ diese Frage außen vor und zeigte sich stattdessen an einer „inhaltlichen Diskussion über die Weiterentwicklung der Bayreuther Festspiele“ interessiert. Außerdem bat der Rat alle an der Leitung der Festspiele interessierten Mitglieder der Familie Wagner, „ihre konzeptionellen Vorstellungen baldmöglichst vorzulegen“. Die Festspiele sind damit die einzige mit Steuergeldern finanzierte Kulturinstitution in Deutschland, deren Leiter aufgrund genetischer Merkmale bestimmt werden.