Krieg oder Frieden?

UKRAINE Leserinnen und Leser der taz sorgen sich weiterhin um die Entwicklung in der Ukraine. Sie ärgern sich über einseitige Positionen oder Geopolitik auf Kosten der Menschen und wünschen sich gewaltfreien Widerstand und Konfliktlösung

■ betr.: „Was hier geschieht, ist schamlos“, Interview mit Constanze Stelzenmüller, taz vom 21./22. 2. 15

Dieses Interview finde ich wirklich schamlos. Über eine ganze Seite voller Plattheiten folgt die taz dem Mainstream der Medien, die unkritisch die allseits bekannte Linie der USA-dominierten Nato, das heißt des Westens, unterstützen. Es handelt sich um reine einseitige Meinungsmache.

Ines Pohl stellt suggestive Fragen, die erkennen lassen, dass es ihr nicht um neue Informationen, Hintergrundbeleuchtung oder Kritik geht. Die stereotype Propaganda des Westens wird wiederholt. Das hat mit kritischem Journalismus, wie ich ihn von der taz erwarte, nichts zu tun. Es wäre zwar überflüssig, aber ehrlicher gewesen, den Nato-Generalsekretär zu interviewen. HARTMUT DEC, Odenbach

■ betr.: „Was hier geschieht, ist schamlos“, taz vom 21./22. 2. 15

Erneut eine einseitige, parteiische Stellungnahme zugunsten der Nato-Osterweiterung und ihrer Unterstützung durch eine eigenständig handelnde EU: „Abschreckung, Landes- beziehungsweise Bündnisverteidigung“ gegen eine „Aggression Russlands nach außen“, die „für uns alle noch sehr gefährlich werden kann“.

Stelzenmüller begrüßt, dass „unser europäischer Konsens“ stärker wird und es besser sei, „mit den Amerikanern über Defensivwaffen zu diskutieren“, als würden diese und die Kiewer Führung sich damit begnügen. Ich kann diese einseitige Schuldzuweisung und das Spiel mit dem Feuer der Aufrüstung, die im Falle Serbiens (Präzedenzfall Kosovo) schon einmal zum Desaster geführt hat, nicht mehr mitansehen beziehungsweise mitlesen.

Derartige von ominösen Thinktanks gesponserte Meinungen, die mindestens die Hälfte der Wirklichkeit ausblenden, müssen die Menschen in Deutschland jeden Tag in der Mainstreampresse über sich ergehen lassen, bis sie selbst nichts anderes mehr denken können oder sich resigniert abwenden.

Die taz hat sich selbst die Aufgabe gestellt, gute Hintergrundrecherchen zu bieten. Das tut unter anderem in dieser Ausgabe zwei Seiten später Reinhard Wolff mit der Erinnerung an den Weg, den Island gegangen ist: Vorbild für Griechenland und alle anderen, die von den neoliberalen Zumutungen gebeutelt sind.

HOLGER ROHRBACH, Ahrensburg

■ betr.: „Was hier geschieht, ist schamlos“, taz.de vom 21./22. 2. 15

Die Ausführungen der Constanze Stelzenmüller überraschen nicht, wenn man ihren Standpunkt und ihre Arbeit kennt. Stramm auf amerikanischer Seite. Es wäre doch vielleicht aufschlussreich gewesen, Frau Pohl, wenn Sie Stelzenmüller einmal nach der Beteiligung der Amerikaner an der Entstehung dieses Konfliktes gefragt hätten.

Das große finanzielle Engagement, die Beratung durch die CIA und die Präsenz amerikanischer Politiker während der Entstehung des „Maidan“. Die Tatsache, dass Jazenjuk (von den Amerikanern favorisiert) sich mit Milizen des Rechten Sektors umgibt, wird schlicht ausgeblendet. Dass inzwischen ein bekannter ukrainischer Journalist, der gegen den Krieg aufgerufen hat, im Gefängnis sitzt, wird nicht erwähnt. Stattdessen Waffen aus den USA. Wie zynisch kann man sein? MONIKA WELKE, taz.de

■ betr.: „Was hier geschieht, ist schamlos“, taz.de vom 21./22. 2. 15

Bei einem „europäischen Krieg“, der heute kein europäischer Nato-Krieg wäre, sondern ein nuklearer Weltkrieg, gibt es keinen „hysterischen Unsinn“! Der nukleare Konflikt würde nicht nur den Gegner völlig vernichten, sondern die Gewalturheber ebenfalls sowie die menschliche Existenz und die menschlichen Existenzbedingungen überhaupt.

REINHOLD SCHRAMM, taz.de

■ betr.: „Die Macht hinter der Macht“, taz vom 21./22. 2. 15

Es ist schön, wenn Erhard Stölting in seinem Beitrag auf die Komplexität der ukrainischen Situation hinweist. Bei der Aufzählung derer, die dort ihren Einfluss zur Geltung bringen wollen, hat er leider all jene aus der westlichen Hemisphäre vergessen.

Und warum muss er Putin als „böswilligen Verbrecher, der er wahrscheinlich ist“, bezeichnen? Wird jetzt auch in der taz Russland zum „Reich des Bösen“? Das wäre angesichts der bei diesem Thema schon anderweitig reichlich partiellen Wahrnehmung schade und entspricht doch so gar nicht dem an sich selbst gestellten Anspruch „meiner Tageszeitung“.

ROLF ALTERAUGE, Neuwied

■ betr.: „Die Macht hinter der Macht“, taz.de vom 20. 2. 15

Zutreffende Beschreibung der Situation: Beiden Seiten ist nicht zu trauen. Man kann die Überschrift auch wörtlicher nehmen, als der Autor es tut, und feststellen: Hinter den Konfliktparteien stehen die eigentlichen Mächte. Hinter Kiew die USA, hinter den Separatisten Russland. Beide betreiben Geopolitik auf Kosten der Ukrainer und der Europäer.

Allerdings frage ich mich die ganze Zeit, wofür eigentlich Menschen auf beiden Seiten bereit sind, sich totschießen zu lassen beziehungsweise zu Mördern zu werden. Dafür, dass irgendwelche Gebiete nun zu der einen oder der anderen geopolitischen Machtsphäre der jeweiligen Verbrecher gehören? In einer Machtkonstellation, welche die Ukrainer allein ohnehin nicht ändern können? Ist dieser lächerliche Unterschied wirklich das Blutvergießen wert? Warum lassen sie sich gegeneinanderhetzen? Warum ist es nicht möglich, in einer Volksabstimmung die Ostukraine entscheiden zu lassen? Was wäre so schlimm daran, wenn die Ostukraine sich abspaltete, autonom würde und dann zur russischen Machtsphäre gehörte?

Der Maidan begann mit friedlichem Protest gegen einen zwar demokratisch gewählten, aber korrupten Präsidenten und war damit legitim. Von dem Zeitpunkt an, als die Demonstranten sich bewaffneten, verloren sie ihre Legitimität. Diejenigen, die auf gewaltfreien Widerstand gesetzt hatten, lieferten sich verbrecherischen Gruppen wie dem Rechten Sektor aus oder entbehrten der Kraft, sich ihnen zu widersetzen. Das war der Anfang der jetzigen Tragödie.

ALBRECHT POHLMANN, taz.de

■ betr.: „Die Macht hinter der Macht“, taz.de vom 20. 2. 15

Schade, dass wir den Pazifismus von Gandhi und Martin Luther King jr. offenbar vergessen haben. Denn auch gewaltfreier Widerstand erfordert Tapferkeit, mehr sogar noch als das Zurückschießen. Schläge einzustecken, ohne zurückzuschlagen, kann den Gegner massiv verwirren – wenn es aus einer Position der Stärke heraus geschieht. Es kann den Gegner handlungsunfähig machen, weil er dann in der Öffentlichkeit wirklich als unberechtigter Aggressor dasteht. Lassen wir uns nicht einreden, dass es zum Krieg keine Alternativen gibt. Meistens gibt es sie. Es ist aber oft schwer, sie zu finden. Einen schon seit vielen Jahren laufenden Krieg mit all seinen Verlusten zu beenden ist jedenfalls oft noch schwieriger, als Konflikte frühzeitig zu lösen. SMARAGD, taz.de