DER ALTE MEISTER
: Like a boss

Dass Rapper totale Epigonen sind, also Menschen, die aus eigener Ideenarmut die Ideale und Werke vergangener Epochen nachahmen, ist eine weit verbreitete und hinlänglich bekannte Meinung. Die Abwertung der Frau, die Zurschaustellung der sexuellen Potenz, sprachliche Anstößigkeit als Stilmittel – hat es alles schon gegeben, wurde zigtausend Jahre lang durchgekaut.

Dass aber auch das Stilbewusstsein des Rappers explizit aus dem 16. Jahrhundert stammt, das ist eine neue Erkenntnis, zu der die Bloggerin Cecilia Azcarate gelangt ist. Als Beweis präsentiert Azcarate in einer tumblr-Bilderstrecke nun Diptychen, die links das Original – meist ein klassisches Werk aus der Kernzeit der Renaissance – zeigen und rechts den Nachahmer, einen zeitgenössischen Rapper.

Unten im linken Bild etwa sieht man ein Werk von Hans Holbein dem Jüngeren (1497/98–1543), ein Porträt von Heinrich XIII. – der als Prototyp des Renaissance-Herrschers schlechthin gilt. Heinrich war musikalisch begabt, zeigte Talent in diversen Waffenübungen, war spielsüchtig – und liebte den Prunk. Genauso wie Rick Ross!

Bei so vielen Gemeinsamkeiten ist es kaum verwunderlich, dass der Gangsta-Rapper und Hood-Millionär („Hustlin’“) mit seiner Selbstinszenierung auf der Bühne eine einzige Hommage an Heinrich VIII. darstellt – mit ein paar kontext- und zeitgebundenen Auffrischungen allerdings. Der weiße Nerz, der dort noch festgeschnürt war, hängt hier chefmäßig über den Schultern. Die Goldketten baumeln heute auf dem zutätowierten Bäuchlein statt auf dem Seidenhemd – Miami ist schließlich ganz schön hot (vor allem im Pelz). Und der Hut, okay, der ist zu oldschool, stattdessen setzt Ross auf eine goldgerahmte Sonnenbrille – die hätte Heinrich VIII. aber mit Sicherheit auch ganz gut gestanden. FAY