Späte Sühne für ein Massaker im Jahre 1982

FRANKREICH Justiz macht drei Mitglieder der Gruppe Abu Nidal für Attentat auf jüdisches Restaurant im Viertel Marais verantwortlich. Die Gesuchten leben in Norwegen, in Jordanien und im Westjordanland

PARIS | Die französische Justiz hat drei Männer identifiziert, die verdächtigt werden, vor 33 Jahren im Auftrag der Palästinensergruppe Abu Nidal ein mörderisches Attentat auf das jüdische Restaurant Goldenberg an der Rue des Rosiers im Pariser Marais verübt zu haben. Am 9. August 1982 hatte eine Gruppe von drei bis fünf Terroristen zuerst eine Handgranate in das Lokal geworfen und danach aus Maschinenpistolen das Feuer auf Gäste und Passanten eröffnet. Sechs Menschen starben, 22 wurden zum Teil schwer verletzt. Dieser antijüdische Anschlag, zu dem sich keine Organisation offiziell bekannte, hatte Frankreich damals nachhaltig schockiert.

In den Ermittlungen wurden alle möglichen Spuren verfolgt. Man verdächtigte zuerst Iren und danach Neonazis sowie die Gruppe von Carlos. Seit 2011 aber war Untersuchungsrichter Marc Trévidic sicher, dass die dissidente Palästinensergruppe „Fatah-Revolutionsrat“ von Abu Nidal hinter dem Attentat steht. Zudem wird vermutet, dass der syrische Herrscher Hafis al-Assad der eigentliche Auftraggeber gewesen sein könnte. Jetzt erst sind aufgrund neuer Zeugenaussagen drei Tatverdächtige identifiziert worden, die heute angeblich in Norwegen, Jordanien und in Ramallah im palästinensischen Westjordanland leben.

Die französische Justiz hat einen internationalen Haftbefehl gegen die drei Männer, die zwischen 57 und 60 Jahre alt sind, erlassen und will in Hinblick auf einen Prozess ihre Auslieferung beantragen. Falls dem nicht stattgegeben wird, könnte eine Gerichtsverhandlung in ihrer Abwesenheit angeordnet werden. Angehörige der Opfer äußerten im französischen Fernsehen ihre Genugtuung über dieses entschlossene Vorgehen der Justiz, die offenbar viel Zeit für ihre Aufklärung benötigt, aber lieber spät als gar nie das Massaker an der Rue des Rosiers sühnen will.

RUDOLF BALMER