Grüne beschweren sich bei der EU

UMWELT Die polnischen Pläne zum Einstieg in die Atomenergie rufen die Grünen in Berlin, Brandenburg und Meck-Pomm auf den Plan: Gemeinsam will man Beschwerde bei der EU-Kommission einlegen

Das geplante polnische Atomenergieprogramm verstößt laut der Grünen-Fraktion gegen europäisches Recht. Das habe eine Untersuchung des Programms und eines Umweltberichts der polnischen Regierung durch die Rechtsanwältin Cornelia Ziehm ergeben, sagte der umweltpolitische Sprecher Michael Schäfer am Montag. Gemeinsam mit den Fraktionen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wollen die Grünen nun Beschwerde bei der Europäischen Kommission einlegen.

Im Mai hatte das polnische Parlament die Einführung der Atomenergie beschlossen. Das erste Atomkraftwerk Polens wird wahrscheinlich nahe Danzig stehen. Da bei Atomenergieprojekten auch immer die Anrainer betroffen sind, haben diese noch bis Januar die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Der Bericht wurde Ende Oktober im Zuge der „Strategischen Umweltprüfung“ (SUP) des Programms durch die EG veröffentlicht.

Laut Ziehms Gutachten, das die Expertin für Umweltrecht im Auftrag der Grünen-Fraktionen von Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern verfasst hat, verstoßen dabei verschiedene Aspekte gegen geltendes EU-Recht. Schon die Durchführung der SUP sei so nicht zulässig, sagte Ziehm. Normalerweise müsse die Konsultation der Bevölkerung bei solchen Projekten geschehen, wenn diese sich noch in der Entwurfsphase befänden. „Da das polnische Parlament den Einstieg aber schon beschlossen hat, ist eine inhaltliche Auseinandersetzung kaum mehr möglich“, so Ziehm.

Außerdem sei der Bericht der polnischen Regierung nicht aktuell: „Fukushima wird nicht einmal erwähnt“, sagte Ziehm. Auch würden die Risiken der Atomkraft für die Bevölkerung Polens und seiner Nachbarländer heruntergespielt. „Laut dem Bericht endet die subjektive Wahrnehmung von Betroffenheit nach 92 Kilometern – dabei sind doch bei einem Störfall für die Sicherheit der Bevölkerung objektive Kriterien wie das Wetter verantwortlich“, so Ziehm.

Um gegen das Atomkraftwerk vorzugehen, eignet sich aber offenbar ein anderer Aspekt. Die polnische Regierung plane, im Rahmen des Atomenergieprogramms ein staatliches Unternehmen zum Energiemarktführer aufzubauen. „So wird Monopolbildung gefördert, was nicht der von der EU gewünschten Liberalisierung des Strommarktes entspricht“, so Ziehm. Darum könne dieses Thema auch die EU-Wettbewerbskommission interessieren, ergänzte Schäfer.

MARLEN KESS