Die Menschenfalle

Viele der deutschen Kommunisten, die sich nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ in die Sowjetunion gerettet hatten, bezahlten ihr Vertrauen in die Solidarität der sowjetischen Genossen mit ihrem Leben. Parallel zu den großen Schauprozessen und der Massenrepression gegen sowjetische Kader wurde auch im Apparat der Kommunistischen Internationale und bei den emigrierten Parteiführern nach Verrätern und Saboteuren gefahndet. Es galt, das Konstrukt einer Verbindung zwischen als „trotzkistisch“ und rechts eingestuften Kadern und der Gestapo herzustellen. Den Startschuss gab der NKWD-Chef Nikolaj Jeschow mit seinem Direktivebrief vom Februar 1937.

Entsprechend dem erfundenen „Block der Rechten und Trotzkisten“ wurden nun alle deutschen Parteikader verhaftet, die sich seit den Zwanzigerjahren irgendeine Abweichung hatten zuschulden kommen lassen oder die von bereits Verhafteten entsprechend bezichtigt wurden. Einerseits schlug man beispielsweise auf die linke Gruppe Neumann/Remmele/Sauerland ein, die bis 1932 den radikalen Linksschwenk in der Politik Stalins in der KPD nachvollzogen hatte. Andererseits verhaftete man Hugo Eberlein, einen der Gründer des Spartakusbundes und engen Freund Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs, der die Ultralinken stets kritisiert hatte. Eberlein wurde entsetzlich gefoltert und später erschossen.

Die kommunistischen deutschen Emigranten, von denen viele in dem berüchtigten Hotel Lux wohnten, wurden einer nach dem anderen „abgeholt“. In dieser Situation ließ die Parteiführung im Exil um Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht die Verhafteten feige im Stich, selbst wenn es sich um ihre Kinder oder Ehegatten handelte.

Inwieweit sich Herbert Wehner, zu dieser Zeit in der Exilführungsgruppe der KPD in Moskau tätig, daran beteiligte, dem sowjetischen Geheimdienst bei der Erarbeitung der Opferlisten zur Hand zu gehen, ist umstritten. Für den Hamburger Historiker Reinhard Müller ist die Sache klar: Wehner hat für Jeschow wertvolle Vorarbeit geleistet und war direkt verantwortlich für den Tod einer Reihe deutscher Kommunisten.

Dieser Interpretation der Dokumente widersprechen Historiker wie Hermann Weber. Sie weisen darauf hin, dass der sowjetische Geheimdienst schon vor Januar 1937, dem Abgabetermin für ein „Gutachten“ Wehners, seine Opferlisten kompiliert hatte; ohnehin habe es nicht in Wehners Macht gestanden, die sowjetische Repressionspraxis zu beeinflussen. Einige verhaftete Kommunisten wurden nach Abschluss des Hitler-Stalin-Pakts an Nazideutschland ausgeliefert.

Nach 1949 wurde den überlebenden kommunistischen Kadern in der die DDR Rehabilitierung verweigert, es wurde ihnen Schweigen über die Zeit ihrer Peinigung auferlegt. CS