Der Zweite gewinnt

Die Hafencity Universität soll die künftigen Architekten in Hamburg ausbilden. Ziel ist „erstklassige Forschung und Lehre“, nur mit dem Standort hapert es noch. Der soll bis 2010 nachgeliefert werden

VON JAN WEHBERG

Noch ist die exquisite Elblage in der Hamburger Hafencity fest in den Händen der Bauarbeiter. Sie wühlen bei herbstlichem Nieselregen in der Erde, bringen Fundamentpfeiler ein und stapfen mit ihren gelben Gummistiefeln durch den Matsch. In drei Jahren wird hier die Hafencity Universität ihren Sitz haben, und Studenten werden zu ihren Vorlesungen eilen.

Im Januar 2006 gründete die Stadt Hamburg die neue Universität für Baukunst und Raumentwicklung, die ihren Lehrbetrieb zum Wintersemester 2006/2007 aufgenommen hat. Selbsterklärtes Ziel der Universität ist es, „erstklassige Forschung und Lehre für die Entwicklung der gebauten Umwelt an einem Standort anzubieten“. Künstlerische, technische und sozialwissenschaftliche Aspekte sollen verbunden sowie Theorie und praktische Anwendung in Einklang gebracht werden.

Fünf Studiengänge dreier verschiedener Hochschulen sind in dem Projekt aufgegangen. Doch so lange es keinen gemeinsamen Standort gibt, sind die 2.200 Studenten noch immer auf die alten Standorte verteilt. Die Stadtplaner tüfteln in der Technischen Universität Harburg an ihren Plänen. Bauingenieure und Geomatiker lauschen ihren Dozenten an der ehemaligen Hochschule für Architektur in der City Nord. Die Architekten sitzen ebenfalls dort – und in den Räumen der Hochschule für Bildende Künste in Uhlenhorst.

„Wir sehen die aktuelle Verteilung auf mehrere Studienstandorte in Hamburg nicht als Manko, sondern als Chance, sich die Stadt zu erschließen“, sagt Bettina Scharrelmann, die Leiterin der Universitätskommunikation. Die ganz große Chance sieht sie aber im Neubau an der Elbe. Alle Studienprogramme unter einem Dach vereint würden den Austausch zwischen den Fächern verbessern und das interdisziplinäre Lernen erleichtern.

Martin Luce, ehemaliger Architekturstudent der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) und Studierendensprecher, sieht in dem Umwandlungsprozess allerdings auch Gefahren. Die Hochschule für Architektur und die HfBK hätten „ganz unterschiedliche Hochschulkulturen“. Nun werde das Architekturkonzept der HfBK von der Architektur-Hochschule verdrängt. Es sei absehbar, dass sich die personell starken Studiengänge auf Kosten der schwächeren durchsetzen würden. Durch die unterschiedlichen Ansätze könne sich das inhaltlich-kulturelle Zusammenwachsen noch über Jahre hinziehen. Auf dieser Ebene werde also eine neue Baustelle eröffnet.

Gegenwärtig hoffen die Mitglieder der Hafencity Universität auf die Aufnahme in die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder. In die zweite Runde hat es die Universität bereits geschafft. Am 12. Dezember fällt die Entscheidung, ob die frische Uni noch etwas heller strahlen kann.

Freuen würde sich darüber besonders der Präsident der neuen Universität, Steven Spier. Er leitete zuletzt den Fachbereich Architektur an der Universität Strathclyde in Schottland und residiert schon jetzt in der Hafencity, nicht weit von der Baustelle für das neue Gebäude.

Die Pläne für das 50 Millionen Euro teure Bauwerk sind aus einer Ausschreibung hervorgegangen, die das Dresdener Architektenbüro Code Unique für sich entschied. Einzigartig dürfte sein, dass keiner der eingereichten Entwürfe den Ansprüchen der Kommission gerecht wurde, die sich eine besonders energieeffiziente Bauweise wünschte. Daher wurde kein erster sondern nur ein zweiter Preis an die Gewinner verliehen. Es ist zu hoffen, dass die neue Universität Architekten entlässt, die ihr Handwerk verstehen, damit so etwas nicht noch einmal passiert.