Hoffnungsschimmer in der Psychiatrie

FLÜCHTLINGE Aus der ehemaligen Psychiatrie der Charité ist eine Flüchtlingsunterkunft geworden

VON FANNY LÜSKOW

Nichts lässt zunächst an eine Flüchtlingsunterkunft denken, wenn man im Foyer der ehemaligen Psychiatrieklinik in der Charlottenburger Eschenallee steht. Wachpersonal im Eingangsbereich; Aufzüge, die zu den Etagen führen. Doch anstatt Ärzte sieht man hier spielende Kinder auf den Fluren.

Seit dem 2. März hat die Heimleitung der neu eröffneten Notunterkunft Flüchtlinge aus unterschiedlichen Einrichtungen aufgenommen. „Derzeit sind es 250, bis Ende des Monats sollen es 300 sein. Insbesondere ältere und kranke Menschen sowie schwangere Frauen hatten Vorrang“, erzählt Susan Hermenau, kommissarische Leiterin des Heims und Pressesprecherin von Prisod, dem Träger der Einrichtung. Unter den Flüchtlingen seien hauptsächlich Familien aus 16 Nationen. Die meisten von ihnen kämen aus Syrien, Afghanistan, Serbien, dem Kosovo, Iran oder Irak. „Hier treffen die unterschiedlichsten sozialen Hintergründe, Bildungsabschlüsse und Religionen aufeinander. Unsere Aufgabe ist es, diese Welten in Einklang zu bringen“, schildert Hermenau. Konflikte unter Heimbewohnern habe es bislang nicht gegeben.

Die Klinik bietet den Bewohnern mehr Platz und Privatsphäre als Turn- und Traglufthallen. „Laut Richtlinie des Landesamts für Gesundheit und Soziales hat eine Person Anrecht auf mindestens neun Quadratmeter Wohnraum, für jede weitere werden sechs Quadratmeter zur Verfügung gestellt. Diese Standards können wir oft übertreffen“, so Hermenau. Hinzu kommen Gemeinschaftsräume zum Fernsehen oder Lesen. Für Verpflegung sorgen teils Cateringfirmen, teils die Flüchtlinge selbst. Notwendige Haushaltsgeräte stellt Prisod.

Für die Kinder gibt es eine ganztägige Betreuung in der sogenannten Kinderbude, einem großen, lichtdurchfluteten Raum mit Spielsachen, die weitestgehend Spenden von Anwohnern sind. Generell habe man sehr positive Erfahrungen mit den Nachbarn gemacht, erzählt Heimleiter Keller, der bereits andere Unterkünfte geleitet hat. Man träfe auf gewachsene Strukturen; „guter Wille“ und „Routine“ seitens Bezirk und Sozialstadtrat seien erkennbar. Mit dem Ehrenamtsbündnis „Willkommen im Westend“ werde man sich am Mittwoch auf eine gemeinsame Struktur festlegen und klären, wie zum Beispiel Deutschunterricht und Begleitung organisiert werden.

Viele der Flüchtlinge sind froh, in der Eschenallee untergebracht zu sein. „Ich fühle mich hier sehr wohl“, erzählt eine junge Kosovarin, die vor zwei Monaten nach Deutschland gekommen ist und nun mit ihrer Tochter in der ehemaligen Klinik wohnt. „Hier ist es viel hygienischer.“ Einen kleinen Hoffnungsschimmer bietet die Eschenallee für viele allemal.