Braunschweig verliert unverdient

NIEDERLAGE II Im Spiel gegen den Tabellenführer FC Ingolstadt fehlen der Eintracht Ideen und die nötige Kaltschnäuzigkeit

In wenigen Wochen hat der Absteiger die Rückkehr in die Bundesliga wohl verspielt

Torsten Lieberknecht kennt die Situation seines Kollegen Ralph Hasenhüttl. Als Braunschweig vor zwei Jahren in die Bundesliga aufstieg, schüttelte der Coach der Eintracht immer den Kopf, wenn die gegnerischen Trainer ihm vorzeitig zum Aufstieg gratulierten. Das hielt den 41-Jährigen nach dem 0:0 am Samstag aber nicht davon ab, den FC Ingolstadt neun Spieltage vor Saisonende zum Meister zu erklären – „auch wenn ich dich damit ein bisschen unter Druck setze“, sagte Lieberknecht schmunzelnd in Richtung seines Kollegen. Hasenhüttl nahm es lächelnd zur Kenntnis. Seine Ingolstädter führen derzeit die Liga an, der Audi-Klub aus Bayern schickt sich an, zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in die 1. Liga aufzusteigen.

Auch die Eintracht aus Braunschweig spielte bis vor Kurzem um den Aufstieg mit. Punktgleich mit Platz zwei waren die Blau-Gelben als Vierter in die Winterpause gegangen. Doch von der Euphorie ist nicht mehr viel übrig. Innerhalb weniger Wochen hat der Absteiger die sofortige Rückkehr in die Bundesliga wahrscheinlich verspielt.

Fünf Spiele lang mussten die Niedersachsen auf den ersten Sieg im Jahr 2015 warten. Der Tiefpunkt war die 0:2-Heimpleite gegen den abstiegsbedrohten FC St. Pauli Anfang März. Erst das 1:0 durch ein Freistoß-Tor des Winter-Neuzugangs Nik Omladic eine Woche später beim SV Sandhausen beendete die langsam aufkommende Unruhe im Umfeld.

Und nun das 0:0 gegen den Spitzenreiter. „Die Tendenz ist positiv, das ist das Wichtigste“, sagte Deniz Dogan. Der 35-Jährige ist bereits seit 2007 in Braunschweig und hat den Weg von der 3. bis in die 1. Liga mitgemacht. Gegen Ingolstadt stand er nach längerer Zeit mal wieder in der Startelf. „Das Ergebnis ist zu wenig, aber die Art und Weise war okay“, sagte Dogan. „Immerhin haben wir gegen den Tabellenführer gespielt.“

In der Tat: Ein Sieg der Blau-Gelben wäre nicht unverdient gewesen. Sie hatten klar die besseren Chancen. Allein Hendrick Zuck vergab zwei Möglichkeiten. Zudem verweigerte Schiri Marco Fritz den Braunschweigern einen Strafstoß. Es war nicht das einzige Mal, dass der Referee falsch lag: Der Kopfball-Treffer von Ingolstadts Benjamin Hübner hätte zählen müssen, doch Fritz entschied auf Abseits.

„Insgesamt hatten wir die viel klareren Möglichkeiten. Wir hätten es verdient gehabt, als Sieger vom Platz zu gehen“, sagte Lieberknecht. Dass es anders kam, zeigt das größte Problem der Blau-Gelben: Entweder sie erspielen sich gar keine Chancen – oder sie vergeben ihre wenigen kläglich. Ideen im Spiel nach vorn und Kaltschnäuzigkeit im Abschluss – das fehlt der Eintracht derzeit zu einem Spitzenteam.

„Unsere Ballverluste im Mittelfeld wurden zuletzt immer bestraft, diesmal jedoch nicht“, stellte Hasenhüttl fest und bestätigte damit diese Einschätzung. Aber noch haben nicht alle die Hoffnungen auf den Aufstieg aufgegeben. Dogan: „Solange noch alles möglich ist, glauben wir noch an alles.“  TIMO KELLER