Der Fragensteller

In Indien fotografierte er als Hexen marginalisierte Frauen, in Ungarn porträtierte er die Rentnerin Inna und in Berlin begleitete er eine WG ohne Eigentum. Auf seinen Bildern zeigt Kai Löffelbein Menschen, die im Abseits stehen: „Ich hoffe, ihnen ein Sprachrohr zu verschaffen“, sagt der Fotograf.

Der diesjährige Preisträger des „Unicef Foto des Jahres“ ist noch Student. Als Nachwuchsfotografen bezeichnen ihn die Zeitungen. Als er erfahren habe, dass sein Foto den Preis gewinnt, sei das ein „Wahnsinnsgefühl“ gewesen. Auf seinem Siegerbild ist ein ghanaischer Junge zu sehen. Er steht in Badelatschen auf einer riesigen Müllhalde mit Elektroschrott aus Europa und wie eine Trophäe streckt er einen kaputten Monitor in Richtung Himmel.

Die Frage, wo der ganze Haushaltsmüll aus Deutschland eigentlich hinkomme, habe ihn nach Ghana gebracht, erzählt Löffelbein. Bei seinen Recherchen landete er auf der Giftmüllhalde Agbogbloshie, der größten Elektroschrottdeponie der Welt. Kinder suchen in dem Müll nach verwertbarem Metall, dazu setzen sie den Schrott in Brand und vergiften damit sich und die Umwelt. Löffelbein blieb drei Wochen und nennt die entstandene Fotodokumentation „eine Geschichte über die Auswirkungen unseres unkontrollierbaren und extravaganten Lebensstils“. Mit den Fotos möchte er nicht nur Politiker an ihre Verantwortung erinnern. „Jeder mündige Bürger, dessen Elektromüll nach Afrika transportiert wird, kann selbst über die Art und Weise seines Konsums entscheiden“, sagt er.

Noch studiert der 30-Jährige Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover. Seit 2007 arbeitet er als freier Fotograf für verschiedene Zeitungen und NGOs. Um Menschen abzulichten, reiste der Vater zweier Töchter bereits durch Südamerika, Asien, Afrika und Europa. Nun hofft er, dass die Popularität des Unicef-Preises die Problematik des Elektromülls in Afrika auf die politische Agenda bringt.

  LINA SULZBACHER