Japan will Katastrophe verstaatlichen

FUKUSHIMA Der Betreiber der zerstörten Atomkraftwerke braucht weitere Milliarden, um die Opfer der Katastrophe zu entschädigen. Der Gouverneur der verstrahlten Region will eine Zukunft ohne Atomkraft

TOKIO rtr/dpa/taz | Die japanische Regierung plant offenbar den Betreiber des havarierten Atomkraftwerks in Fukushima zu verstaatlichen. Handelsminister Yukio Edano sagte am Dienstag, der Energiekonzern Tepco solle eine vorübergehende staatliche Kontrolle und alle anderen Alternativen in Betracht ziehen. Am Dienstag verlautete, die Regierung wolle dem Konzern im Sommer weitere 13 Milliarden Dollar zuschießen, über einen staatlichen Rettungsfonds könnte es dann zu einer Verstaatlichung kommen.

Davon unabhängig klopfte Tepco am Dienstag bei dem von der Regierung eingerichteten Fonds um weitere 6,8 Milliarden Euro an – zusätzlich zu den im November zugesagten 8,7 Milliarden Euro – um die Opfer der Atomkatastrophe entschädigen zu können. Der auch für Energiepolitik zuständige Minister Edano werde dem Antrag wohl im Januar zustimmen, hieß es.

Tepco war zuvor von einer Untersuchungskommission vorgeworfen worden, sich unzureichend auf Katastrophen wie das Erdbeben im März vorbereitet zu haben. Bereits 2008 habe Tepco die Auswirkungen eines Tsunamis mit mehr als 15 Meter hohen Wellen simuliert, danach aber keine weiteren Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Auch die Regulierungsbehörden hätten von dem Energiekonzern keine weiteren Bauvorkehrungen gefordert, nachdem sie über die Auswirkungen unterrichtet worden seien, warf der im Mai eingesetzte Ausschuss den Behörden in einem Zwischenbericht vor. Zudem habe es dem Personal an Fachwissen gefehlt und die Kommunikation nach der Katastrophe sei mangelhaft gewesen. Der Bericht lässt Chaos bei der Rettungsaktion vermuten: Die Mitarbeiter hätten auf Taschenlampen zurückgreifen müssen, als der Strom im Werk ausfiel. Auch seien damit ihre Handys ausgefallen. Das habe die Kommunikation mit dem Koordinierungsbüro im Werk erschwert.

Der Gouverneur der japanischen Präfektur Fukushima, Yuhei Sato, hat unterdessen Tepco aufgefordert, sämtliche Atomkraftwerke in seinem Gebiet still zu legen. Fukushima hoffe, eine Gesellschaft aufzubauen, die nicht von Atomkraft abhängig ist, sagte Sato laut eines Bericht des japanischen Senders NHK.

Die Reaktoren des Kraftwerks in Fukushima waren nach dem Erdbeben und Tsunami im März außer Kontrolle geraten, Brennstäbe waren geschmolzen. Teile des Landes sind seitdem verstrahlt. Die Regierung rechnet damit, dass der Rückbau der Anlage etwa 40 Jahre dauert. Wegen der enormen Kosten der Aufräumarbeiten und Entschädigungen war bereits wiederholt über eine Verstaatlichung Tepcos spekuliert worden. Anfang Dezember hatte ein Regierungsvertreter die Pläne noch dementiert.

Meinung + Diskussion SEITE 12