„Gods only know“

RENÉE ZUCKER kommt aus Essen. In den fetten taz-Jahren 1984–88 war sie Kulturredakteurin und hat die Seite „flimmern und rauschen“ erfunden. Seitdem lebt sie ohne absehbares Erbe und soziale Absicherung als freie Autorin in Berlin. Als Journalistin arbeitet sie für mehrere Zeitungen und Radiosender. Zuletzt erschienen ihr Erzählungsband „Ein Tag wie Totolotto. Vom Leben und anderen Glücksspielen“ (Kiepenheuer & Witsch) und das mit Ingke Brodersen verfasste Buch „Werden Sie wesentlich! Die Frau um 50“ (Piper).

taz: Was war schlecht im letzten Jahr, Frau Zucker?

Renée Zucker: Dass ich wieder nicht erleuchtet wurde.

Was wird besser im nächsten Jahr?

Vielleicht machen die Wallflowers oder Blue Nile ein neues Album.

Was war für Sie das größte Glück im letzten Jahr?

Dass ich endlich Córdoba gesehen habe – und dass ich alle sechs Staffeln der Sopranos hintereinanderweg sehen konnte.

Was war für Sie das größte Unglück im letzten Jahr?

Vielleicht, als ich wegen der Callcenter geweint habe.

Was wird für Sie im nächsten Jahr das größte Unglück sein?

Gods only know.

Wo möchten Sie kommendes Jahr leben?

Endlich mal länger in Delhi.

Welche Fehler entschuldigen Sie bei Politikern am ehesten?

Wenn sie schlecht gekleidet sind.

Welche bei sich selbst?

Alle.

Welche bei der taz?

Wenn das Kinoprogramm nicht stimmt, die Kleinanzeigen langweilig sind und man mit wirklich thematisch überholten Fragebögen belästigt wird.

Was wäre für Sie das vollkommene Glück?

Da käme einiges in Frage.

Wer war Ihr Lieblingsromanheld und warum?

Alessandro Giuliani in Mark Helprins „Ein Soldat im großen Krieg“. Er antwortete auf die Frage seines Vaters, in welcher Sprache Gott zu ihm spreche, „in der Sprache von allem, was schön ist“. Elizabeth Costello in mehreren Büchern von J. M. Coetzee. Sie ist eine Intellektuelle, die sich nicht ihrer Tierliebe schämt, und sagt: „Ich bin alt und habe keine Zeit, um nicht mehr zu sagen, was ich denke.“ Orleanna Price und ihre vier Töchter in Barbara Kingsolvers „Giftholzbibel“. Sie weiß, dass Frauen einfach immer weitermachen: „Wir pfeifen, während Rom brennt, oder wir schrubben den Fußboden, je nachdem.“

Wer war Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit und warum?

Mein Vater. Weil ich seine Tochter bin.

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei Angela Merkel am meisten?

Dass sie ausgehalten hat, was die Zeitungen über ihr Aussehen schrieben.

Was ist Ihre wichtigste Tugend?

Das weiß ich wirklich nicht.

Was Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Geschichten erfahren.

Welchen Charakterzug vermissen Sie an sich?

Blondheit.

Was ist Ihr Traum vom Glück?

Was sind das denn immer für alberne „Glücks“fragen?

Wer war Ihr Lieblingsschriftsteller?

Wieso „war“?

Und wer war Ihre Lieblingsschriftstellerin?

Jedes Jahr eine neue.

Welches Buch möchten Sie nie lesen?

„Simplify Your Life“.

Welche historische Persönlichkeit verehren Sie am meisten?

Fällt mir keine ein.

Welche verachten Sie?

Verehrung und Verachtung kommen in meinem Innenleben nicht so richtig vor.

Welche Reform bewundern Sie?

Man kann doch keine Reformen bewundern. Ich finde aber Fahrradwege und Busspuren klasse.

Von welcher Reform möchten Sie nie wieder hören?

Ich hör eh nicht hin.

Wie möchten Sie das nächste Jahr überleben?

So wie dieses auch.

Wie ist Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Warum?

Ein bisschen aufgeregt, erwartungsvoll und angespannt. Weil ich gerade von Thailand nach Laos aufbreche und nicht weiß, wie voll das Boot über den Mekong sein wird.

Was ist Ihr Motto für das kommende Jahr?

Ich habe kein Motto.

Was wünschen Sie sich für Ihr Lieblings-Fußballteam?

Häh?

Und was, glauben Sie, wird die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der EM 2008 erreichen?

Vermutlich wieder nicht das, was alle von ihr wollen.

FRAGEN: DAH