Grün ist jetzt hässlich

KLIMAWANDEL Kalifornien leidet unter der schwersten Dürre seit Jahren. Die Regierung des US-Bundesstaates will die Bürger zum Wassersparen zwingen. Landwirtschaft verschont

Sollen Gärten und Parks frisch und grün aussehen, muss zu viel gegossen werden

VON DOROTHEA HAHN

WASHINGTON taz | Mandeln, Pistazien und Walnüsse aus Kalifornien gelten als die besten der USA. Doch jetzt sind die Köstlichkeiten ins Visier von Umweltschützern geraten. Der Grund: Ihr Anbau verschlingt viel Wasser. Die Landwirtschaft ist der bei Weitem größte Wasserverbraucher in dem Bundesstaat. Andere extreme Wasserverbraucher – wenn auch in geringerem Maße – sind die Fracking-Industrie sowie die Trinkflaschenabfüllstationen des Konzerns Nestlé mitten im Dürregebiet. Doch von den jüngsten Restriktionen beim Wasserkonsum, die Gouverneur Jerry Brown jetzt verhängt hat und die im Mai verschärft werden sollen, ist keine der drei Branchen betroffen.

Im Mai will der Gouverneur die Wasserrestriktionen noch strikter gestalten. Seine Wasserbehörde arbeitet gegenwärtig noch an den Details des Plans. Es soll ein Plan mit gestaffelten Wasserrestriktionen und Strafen für Wasserverschwendung werden. Er wird zur Folge haben, dass bestimmte Gemeinden langfristig ihren Wasserkonsum um bis zu 35 Prozent drosseln müssen.

Andere Gemeinden – die rechtzeitig Wasserreservoirs angelegt und ein besseres kommunales Wassermanagement haben – wären langfristig mit lediglich 10 Prozent Wasserdrosselung konfrontiert. San Francisco, das schon lange ein effizientes Wassermanagement betreibt, drohen vorerst nur 10 Prozent Drosselung. Der Bundesstaat hat auch bereits neue Normen für Geräte geschaffen, die ab 2016 auf den Markt kommen – darunter Toilettenspülungen und Wasserhähne.

Kalifornien erlebt gegenwärtig das vierte Dürrejahr in Folge, die Wasserreservoirs haben einen historischen Tiefstand erreicht, und die minimale Schneeschmelze und ebensolche Regenfälle können die Lücken im Vorrat nicht auffüllen.

Gouverneur Brown stimmt die Kalifornier darauf ein, dass die Krise nicht vorübergehend ist, sondern es langfristige Umstellungen geben wird. Er spricht von einer „neuen Ära“. Die Chefin der Wasserbehörde, Felicia Marcus, sagt, dass die kalifornische Wirtschaft zwar weiter wachsen könne, doch die Bewohner des Bundesstaates „ihre „Gewohnheiten ändern müssen“.

In der größten kalifornischen Stadt, Los Angeles, spricht Bürgermeister Eric Garcetti von einer „neuen Normalsituation“. Seine Stadt hat heute eine Million mehr Einwohner als vor 30 Jahren, aber wegen eines Wassermanagements ist ihr Wasserkonsum unverändert. Unter Verweis auf die Wüstenstädte Phoenix in Arizona und Las Vegas in Nevada ist Bürgermeister Garcetti gewiss, dass auch Kalifornien einen Modus Vivendi mit der Dürre finden wird.

In San Francisco hat sich die Umweltbehörde eine schlagzeilenträchtige Kampagne ausgedacht: Sie will den „hässlichsten Garten“ finden. Hausbesitzer sollen Fotos ihres grünen Rasens und bunter Blumenbeete einsenden. Der „Ugliest Yard“-Gewinner wird mit einem neu gestalteten Garten mit trockenheitsresistenten Pflanzen belohnt. „Die Leute müssen kapieren, dass Grün hässlich ist, denn es verbraucht zu viel Wasser“, sagt Peter Brastow, städtischer Koordinator für Artenvielfalt.

Der Wasserverbrauch in Kalifornien ist ungleich verteilt. Der reiche Süden des Bundesstaates – hier herrscht recht trockenes und heißes Klima – hat einen deutlich höheren Konsum als der ärmere Norden mit feuchterem Klima. Und wohlhabende Kalifornier mit Pools und großen Rasenflächen verbrauchen mehr als Leute, die in Stadtwohnungen leben.

Doch alle Statistiken weisen darauf hin, dass die intensive Landwirtschaft den höchsten Wasserverbrauch hat – bis zu 80 Prozent der Gesamtmenge. Dennoch wird nicht erwogen, die Landwirte zu anderen Anbaukulturen zu drängen. Oder ihren Wasserkonsum zu drosseln. Ein Großteil des Obstes und Gemüses, das in den USA gegessen wird, stammt aus Kalifornien.

Während festzustehen scheint, dass die Poolparty in Kalifornien vorbei ist, bleibt umstritten, was die Ursache der Dürre ist. In den USA – wo selbst zahlreiche gewählte Kongressabgeordnete die Existenz eines Klimawandels bestreiten – weisen jetzt Politiker darauf hin, dass es auch schon früher Dürren in Kalifornien gegeben hat. Die größte davon traf die Region zwischen 1924 und 1934. Eine andere dauerte von 1987 bis 1992.